Nochmal studieren?
Ein weiteres Mal die Bank im Hörsaal drücken: Für manche Akademiker*innen eine spannende Option. Foto: © Kasto – stock.adobe.com

Nochmal studieren?

Sich beruflich weiterentwickeln oder gar neue Wege gehen: So manche*r träumt nach einiger Zeit im Beruf von einem zweiten Studium. Welche Optionen gibt es und was sollte man beachten?

Text: Janna Degener-Storr

Wenn sie sich für einen Bachelor- oder Masterstudiengang entscheiden, sind die meisten Menschen noch recht jung. Im Berufsleben haben viele dann Kontakt zu Kolleg*innen, die einen Abschluss in anderen spannenden Fachrichtungen haben. Und viele erfahren nach dem Einstieg ins Arbeitsleben auch von weiteren Tätigkeitsfeldern, die sie ebenfalls interessiert hätten, aber andere Qualifikationen voraussetzen. Auch wenn Absolvent*innen neue Aufgabenbereiche übernehmen oder sich beruflich komplett neu orientieren, kann die Frage aufkommen: Sollte ich vielleicht noch einmal studieren?

Unabhängig vom Studienfach im Erststudium ist der Master of Business Administration als Zweitstudiengang beliebt. Denn dieser soll dabei helfen, Management- und Führungspositionen zu erlangen. „Ein MBA ist ein nicht-konsekutives Studienprogramm auf einem sehr hohen Niveau. Das bedeutet: Absolventen aller Studiengänge haben die Möglichkeit, daran teilzunehmen und sich damit für administrative Führungsaufgaben zu qualifizieren“, erklärt Sebastian Krutwig, Berater des Dortmunder Weiterbildungsforum e.V. Allerdings führen diese kostspieligen und arbeitsintensiven Programme erfahrungsgemäß nicht immer zum gewünschten Erfolg. „Wenn es vorher beim Arbeitgeber noch überhaupt keine Perspektive auf eine bestimmte Position gibt, wird sich daran auch durch den MBA-Abschluss in näherer Zukunft beim gleichen Arbeitgeber sicherlich nichts ändern“, erklärt der Experte.

Möglichkeiten und Chancen

Prinzipiell steht es jedem und jeder Akademiker*in frei, einen MBA oder ein anderes Zweitstudium zu beginnen – sofern er oder sie einen Studienplatz ergattert. In Studiengängen ohne Numerus Clausus (NC) ist das kein Problem. Auch an privaten Hochschulen gibt es in der Regel keine Einschränkungen, wenn man das Geld für die Studiengebühren aufbringen kann. In zulassungsbeschränkten Studiengängen an öffentlichen Hochschulen dagegen sieht das anders aus, weil viele bei der Platzvergabe Erststudienbewerber*innen bevorzugen. So sind beispielsweise bei den bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengängen Human-, Zahn- und Tiermedizin sowie Pharmazie nur drei Prozent der Plätze pro Studiengang für ein Zweitstudium vorgesehen. Das würde dann etwa die Biologin betreffen, die gerne noch Pharmazie studieren möchte. Bei allen anderen nicht frei zugänglichen Studiengängen greifen dann die örtlichen Zulassungsbeschränkungen an der jeweiligen Hochschule, welche die Kriterien für die Platzvergabe selbst festlegen. Möglicherweise ist es auch hier so, dass Erstudienbewerber*innen bevorzugt werden.

Wer einen der wenigen Plätze bekommen möchte, muss also mit einer guten Begründung überzeugen. Von Vorteil ist es, wenn man gut erklären kann, warum man das Wissen und die Kompetenzen aus dem anstrebten Studium für den zukünftigen Beruf benötigt. Viele Hochschulen nutzen ein Punktesystem, um die Bewerbungen von Kandidat*innen für ein Zweitstudium zu bewerten. Bei der Vergabe der Punkte wird etwa unterschieden zwischen zwingenden „beruflichen Gründen“ (9 Punkte) und „besonderen beruflichen Gründen“ zur Verbesserung der Berufsaussichten (7 Punkte). Weiterhin gibt es „wissenschaftliche Gründe“ für Bewerber*innen, die bereits in der Forschung tätig waren (je nach Bedeutung des angestrebten Studiengangs für die Forschung 7 bis 11 Punkte) und sonstigen Motiven (1 Punkt sowie bei Wiedereinstieg nach Familienphase 2 weitere Punkte) unterschieden. Weitere Punkte gibt es für eine gute Abschlussnote im Erststudium (3 bis 4 Punkte für eine Note zwischen „vollbefriedigend“ und „ausgezeichnet“, 1 bis 2 Punkte für die Noten „ausreichend“ und „befriedigend“).

Kosten und Finanzspritzen

Unabhängig von diesen Formalitäten stellt sich die Frage, ob ein Zweitstudium in der individuellen Situation die beste Option ist, denn dieser Weg nimmt Zeit in Anspruch. Und auch Kosten fallen an. In jedem Fall gilt es den Lebensunterhalt während der Studienzeit zu stemmen. Das ist in dieser späteren Lebensphase häufig herausfordernder als während des Erststudiums, weil man vielleicht Kinder hat, Kredite abbezahlen oder für das Alter vorsorgen will. Darüber hinaus erheben einige Bundesländer Gebühren für ein Zweitstudium und an privaten Hochschulen fallen sowieso teils sehr hohe Studiengebühren an.

Wer sich für ein berufsbegleitendes Fern- oder Abendstudium entscheidet und/oder neben einem Teilzeitstudium arbeitet, ist einer besonders hohen Arbeitsbelastung ausgesetzt. Aber zumindest hat man ein Teilzeiteinkommen und kann studienbedingte Kosten etwa für Semestergebühren oder Lernmittel von der Steuer absetzen. Ein duales Studium ist ebenfalls eine attraktive Option für ein Zweitstudium – nicht nur finanziell. Stipendien kommen auch in Frage und eventuell auch ein Studienkredit. Bernhard Börsel vom Deutschen Studentenwerk rät auf Welt Online aber davon ab, das komplette Studium mit einem Kredit zu finanzieren: „Die Verschuldung wird zu hoch.“ Wer wenig Einkommen hat, kann auch Wohngeld beantragen. BAföG bekommen Studierende im Zweitstudium nur, wenn sie ohne den weiteren Studienabschluss nicht in ihrem Beruf arbeiten können. Und auch Kindergeld gibt es nicht mehr.

Aus diesen Gründen sollte man die Aufnahme eines Zweitstudiums sorgfältig abwägen. Nicht immer braucht es einen Studienabschluss, um über den Tellerrand zu schauen und sich beruflich weiterzuentwickeln. Manchmal sind auch Weiterbildungen eine gute Alternative. Sie werden zum Beispiel von Berufsverbänden, Stiftungen oder auch von Hochschulen angeboten.

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