Mehr als Gehalt
Arbeitgeber, die wollen, dass ihre Mitarbeiter*innen motivierter arbeiten und loyaler sind, sollten sich einmal genauer die Mitarbeiterkapitalbeteiligung anschauen. Denn durch die finanzielle Teilhabe von Angestellten am Unternehmen können so positive Kettenreaktionen ausgelöst werden.
Text: Christine Lendt
Arbeitnehmer*innen sind nicht nur bei einem Unternehmen angestellt, sondern auch maßgeblich für dessen Erfolg und Weiterbestehen mitverantwortlich. Entlohnt wird dies für gewöhnlich mit einem monatlichen Gehalt – das in manchen Fällen vergleichsweise geringer ausfällt als der tatsächliche Profit, den das Unternehmen erwirtschaftet. Ein Modell, das sich dieser Praxis entgegenstellt ist zum Beispiel die Erfolgsbeteiligung in Form von Sonderzahlungen wie Prämien, Gratifikationen oder Boni. Aber auch eine sogenannte Mitarbeiterkapitalbeteiligung (MKB) ist eine Option, den Angestellten mehr als das Gehalt zu bieten. In Deutschland kommt sie laut Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) noch selten vor und beschränkt sich bisher weitgehend auf große Unternehmen. Eine MKB würde hierzulande auch kaum von staatlicher Seite gefördert, obwohl sie einen wichtigen Beitrag zur Teilhabe der Beschäftigten am Erfolg des jeweiligen Unternehmens leisten könne. Gleichzeitig entsteht durch eine MKB die Möglichkeit, Angestellte zu motivieren und stärker an das Unternehmen zu binden.
Prinzip und Ziele der MKB
Im Rahmen eines MKB-Programms bietet der Arbeitgeber seinen Beschäftigten an, preisgünstige oder kostenlose Beteiligungen am Unternehmen zu erwerben beziehungsweise zu erhalten. Ziel ist es, die Fachkräfte an das Unternehmen zu binden – in Zeiten des Personalmangels von hohem Wert – und an dessen Produktivitätsfortschritt teilhaben zu lassen. Es entsteht also eine Win-Win-Situation: Die Belegschaft kann am Erfolg des Unternehmens teilhaben und zusätzliche Einkünfte generieren. Die Mitarbeiter*innen haben damit auch die Chance, dass die MKB einen wirksamen Beitrag zu ihrer Vermögensbildung leistet, ein Vorteil angesichts der aktuell niedrigen Zinsen. Zusätzlich kann eine Beteiligung der Arbeitnehmer*innen am Kapital die Basis für eine Unternehmensnachfolge oder Übertragung von Verantwortung bilden.
Einen Teil des Unternehmens zu besitzen, für das Fachkräfte tätig sind, sorgt auch für eine stärkere Identifikation der Angestellten mit dem Arbeitgeber. Damit steigert sich der positive Effekt sozusagen exponentiell: Durch die Beteiligung und den daraus entstehenden Eigenprofit steigt der Wunsch nach Erfolg des Unternehmens. Dies kann zu einem positiven Perspektivwechsel auf den Arbeitsalltag, die Aufgaben und die internen Prozesse mit sich. Schließlich motiviert es, etwas für den „eigenen“ Betrieb zu tun, anstatt ausschließlich für andere zu arbeiten. Die finanzielle Teilhabe von Fachkräften an Unternehmen löst die Rolle als reine Angestellte oder reiner Angestellter in gewisser Weise auf – und gibt Raum für Verantwortung, die unternehmerisches Denken fördert: So sehen Fachkräfte zum Beispiel Ausgaben wie Materialkosten aus einem anderem Blickwinkel oder sie möchten zur Optimierungen interner Abläufe beitragen, da das eigene Verständnis für und Interesse an wirtschaftlich begründete Maßnahmen und Veränderungsprozesse zu nimmt.
Welche MKB-Modelle gibt es?
Es sind verschiedene Varianten einer Mitarbeiterkapitalbeteiligung möglich. Welche am besten geeignet ist, hängt besonders von den Zielen und Vorstellungen des Unternehmens sowie seiner Rechtsform ab. Sogenannte Stille Gesellschafter*innen etwa können Beschäftigte einer GmbH werden. Dann sind zwei Kategorien zu unterscheiden: die Eigenkapital- und die Fremdkapitalbeteiligungen. Erstere erfolgt in Form von Belegschaftsaktien oder einer GmbH-Beteiligung. Letztere wird über Mitarbeiter*innendarlehen oder eine Mitarbeiterschuldverschreibung realisiert. Auch eine überbetriebliche Mitarbeiter*innenbeteiligung zum Beispiel über Fonds ist möglich. Das BMWK weist darauf hin, dass Mitarbeiter*innen bei einer Eigenkapitalbeteiligung die größten Informations- und Mitwirkungsrechte haben, während diese bei einer Fremdkapitalbeteiligung deutlich geringer ausfallen.
Auch Mischformen sind verbreitet, vor allem die stille Beteiligung als Gesellschafter*in und das sogenannte Genussrecht. Bei diesem wird die Belegschaft jährlich am Gewinn des Unternehmens beteiligt, hat jedoch keine Mitgliedschaftsrechte, wie etwa Informations- oder Kontrollrechte. Wie das BMWK weiter mitteilt, gelten diese beiden Mischformen aufgrund ihrer Gestaltungsfreiraums als wichtigste Durchführungswege der MKB im Mittelstand. Eine MBK eröffnet individuelle Gestaltungsmöglichkeiten, die den Bedürfnissen des Unternehmens und seinen Beschäftigten angepasst werden können. Verpflichtet ist der Arbeitgeber dazu indes nicht. Es handelt es sich hier um eine freiwillige Sache, sowohl aus Sicht des Unternehmens als auch der Belegschaft.
Arbeitnehmer*innen können bei einer MKB von gesetzlichen Vergünstigungen profitieren. Verankert sind diese im Gesetz zur steuerlichen Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung (Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesetz). Hier spielt ein steuerlicher Freibetrag für verbilligte oder unentgeltliche Überlassung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen eine Rolle, der im Zuge des geplanten Zukunftsfinanzierungsgesetzes im nächsten Jahr auf 5.000 Euro jährlich erhöht werden soll wie das Fachmagazin Haufe in einem Beitrag schreibt: „Aus der Steuerfreiheit folgt die Sozialversicherungsfreiheit in gleicher Höhe.“ Gültig sei der Freibetrag dann aber nach wie vor nur, wenn es sich bei der MKB um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers handele, die allen Mitarbeiter*innen offen stünde, die länger als ein Jahr ununterbrochen für das Unternehmen tätig seien. Weiterhin müsse die MKB eine Vermögensbeteiligung am Unternehmen sein, die Arbeitnehmer*innen als Sachbezüge gewährt würde.