Kulturschaffende im Austausch
Mit einem Stipendium im Bereich Kulturmanagement eigene Uraufführungen auf die Beine stellen – die Möglichkeit gibt es.

Kulturschaffende im Austausch

Das Stipendium „Akademie Musiktheater heute“ (AMH) der Deutsche Bank Stiftung schließt eine Lücke im Bereich des Musiktheaters. Anna Crespo Palomar hat diese Nachwuchsförderung für die Sparte Kulturmanagement erhalten.

Text: Christine Lendt

Beim Abschlussprojekt übernimmt Anna Crespo Palomar als Kulturmanagerin organisatorische Aufgaben. Foto: privat

Als Anna Crespo Palomar den Flyer der „Akademie Musiktheater heute“ entdeckte – beim Sortieren der Briefpost an ihrem damaligen Arbeitsplatz, dem Büro für die Berliner Festspiele (Musikfest Berlin) – war gleich ihr Interesse geweckt. Es erstaunte sie, dass sich das Stipendium auch an die Sparte Kulturmanagement richtet und nicht ausschließlich an die Künstlerinnen und Künstler, so wie es sonst der Fall ist, erinnert sich die 31-Jährige, die Musikwissenschaft und Philosophie studiert hat.

Tatsächlich handelt es sich hierbei um das derzeit einzige Nachwuchsförderprogramm, das sieben Sparten des Musiktheaterbetriebs abdeckt. Es spornte die Kulturmanagerin an, sich gleich dafür zu bewerben. „Das war ziemlich aufwändig, aber wir befanden uns gerade im Coronajahr 2020, und so hatte ich mehr Zeit als sonst zur Verfügung.“ Um das Stipendium zu bekommen, mussten die Bewerber*innen jeder Sparte bei bestimmten Aufgaben überzeugen.

In der Sparte Kulturmanagement bestand eine Aufgabe darin, ein Konzept zu schreiben, wie man selbst ein Drei-Sparten-Haus in einer mittelgroßen Stadt in Deutschland leiten würde, und dazu einige Fragen beantworten. Außerdem galt es, ein Programm für eine Spielzeit mit acht Premieren und Nebenspielstätten zu entwerfen.

Obwohl die gebürtige Spanierin seit zehn Jahren hierzulande lebt und die deutsche Sprache sehr gut beherrscht, war die Bewerbung eine besondere Herausforderung für sie, da alle Texte sprachlich sowie inhaltlich perfekt sein mussten. „Auch, weil die Aufgaben es in sich hatten, war das nicht so einfach, aber es hat mir auch sehr viel Freude gemacht.“ Sechs Monate, nachdem sie ihre Bewerbung abgeschickt hatte, kam die Nachricht, dass sie für das Stipendium ausgewählt worden war.

Neue Erfahrungen sammeln

Weil zu der Zeit die Pandemie noch immer für erhebliche Einschränkungen sorgte, starteten alle Stipendiat*innen mit dem Programm ein Jahr später als gedacht – insgesamt 15 junge Talente aus den Bereichen Bühnen- und Kostümbild, Dirigieren, Dramaturgie, Komposition, Kulturmanagement, Libretto/Text und Regie. Sie alle erhalten jetzt die Möglichkeit, jeweils für die Laufzeit von zwei Jahren ihre Kenntnisse im Bereich der künstlerischen Gestaltung sowie des Managements von Musiktheater zu vertiefen und Praxiserfahrungen zu sammeln.

Anna Crespo Palomar hat inzwischen den Job gewechselt und arbeitet nun am Theater Basel im Künstlerischen Betriebsbüro mit Verantwortung für die Oper. Sie ist mitten im zweiten Jahr ihres Stipendiums. Das Programm läuft folgendermaßen ab: Die Stipendiat*innen bereiten innerhalb der beiden Programmjahre gemeinsam drei Uraufführungen von je 20 Minuten Dauer vor.

Diese werden im Frankfurt LAB, einem Produktions- und Aufführungsort für zeitgenössische Kunstformen, zusammen mit Musiker*innen des Ensemble Modern und Sänger*innen der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt aufgeführt. Außerdem finden in jedem Jahr bis zu fünf Workshops an Opernhäusern und auf Festivals im In- und Ausland statt. Die Reise- und Hotelkosten werden von der Deutsche Bank Stiftung erstattet. „Vor Ort schauen wir uns verschiedene Inszenierungen an und sprechen dann in der Gruppe darüber.“

Obendrein werden Gespräche mit den Künstler- und Leitungsteams geführt. Pro Workshop-Saison kommen zwei Jahrgänge zusammen. „Am Ende der zwei Jahre waren also insgesamt 45 Kulturschaffende miteinander in Kontakt. Das finde ich besonders schön und inspirierend.“ Außerdem gibt es ein Sonderbudget, mit dem unter anderem Produktionen anderer Mitglieder der AMH besucht werden können.

Perspektiven durch Networking

Anna Crespo Palomar hat das Stipendium schon jetzt enorm weitergebracht. „Es ist eine ganz spannende Zeit, weil wir so viele Inszenierungen sehen können und man durch den Austausch mitbekommt, was in der Kulturszene passiert.“ Das Networking ist daher auch ein zentraler Aspekt dieser Nachwuchsförderung, etliche Alumni und aktuelle Stipendiat*innen arbeiten an renommierten Häusern oder sind als Freischaffende tätig.

Einige besetzen leitende Positionen an internationalen Opernhäusern und Festivals. So verspricht sich auch die Kulturmanagerin eine nachhaltige Wirkung von diesem einzigartigen Netzwerk. „Ich bin mir sicher, dass ich später mal mit anderen Alumni in einer Produktion zusammenarbeiten werde.“

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