Traineeship in der Filmbranche
Das Medienunternehmen UFA bietet mit einer neu gegründeten UFA Academy Weiterbildungsprogramme für den Quereinstieg in die Film- und Fernsehproduktion an. Janna Bardewyck von der Personalentwicklung berichtet, wer sich dort mit welchem Ziel bewerben sollte.
Interview: Janna Degener-Storr
WILA Arbeitsmarkt: In Ihrer neuen Akademie wollen Sie Quereinsteiger*innen fit machen für die Film- und Fernsehproduktion. Warum ist das nötig?
Janna Bardewyck: Auch im Medienbereich wächst der Fachkräftemangel. Und wir haben den Vorteil, dass es nicht zwingend branchenspezifische Kenntnisse braucht, um in der Medienbranche beruflich Fuß zu fassen. Viele unserer Mitarbeitenden sind ursprünglich quereingestiegen, ohne dass wir uns auf diese Zielgruppe fokussiert haben. Mit dem Einsteiger*innenprogramm möchten wir jetzt Menschen gezielt auf unsere Branche aufmerksam machen und den Einstieg professionalisieren.
In Ihrem Unternehmen wurden auch vorher schon Externe aus- und weitergebildet. Was soll jetzt anders laufen?
Bisher wurden vor allem junge Mitarbeiter*innen, also Berufseinsteiger*innen oder ehemalige Auszubildende, „on the job“ aus- und weitergebildet. Die UFA Academy ist dagegen so konzipiert, dass die Trainees Unit übergreifend eingesetzt werden, sodass sie unterschiedliche Produktionsarten und Formate kennenlernen. Später können sie sich dann entscheiden, wo sie eingesetzt werden möchten: Interessiert sie zum Beispiel die Filmproduktion, die Serienproduktion oder die Abteilung Show- & Factual, wo Unterhaltungssendungen für verschiedene Fernsehsender produziert werden, am meisten?
Sie bilden jetzt zunächst für vier Positionen aus, die in den vergangenen zwei Jahren innerhalb der Produktion am schwierigsten zu besetzen waren: Aufnahmeleitung, Regieassistenz, Script/Continuity und Filmgeschäftsführung. Welche Kompetenzen sollten Quereinsteiger*innen hier mitbringen?
Wer zum Beispiel in den Bereichen Event oder Logistik gearbeitet hat, lässt gute Skills für die Aufnahmeleitung erwarten. Wer viel Struktur und Organisationstalent mitbringt, vorausschauend denkt und verschiedene Dinge gleichzeitig im Blick haben kann, vielleicht auch schon Erfahrung als Assistenz hat, bringt gute Voraussetzungen für Script/Continuity mit. Und wer in diesen beiden Bereichen fit ist, sich von der Persönlichkeit her ein gutes Standing verschaffen kann und potenziell eine Führungskraft sein könnte, eignet sich zum Beispiel auch für die Regieassistenz. Die Regieassistenz ist der Sparringpartner der Regie und somit auch das Bindeglied zwischen den kreativen Vorstellungen der Regie, den Schauspieler*innen und anderen Abteilungen.
Inwieweit können Geistes- und Umweltwissenschaftler*innen in diesen Positionen von ihren Kompetenzen profitieren?
Grundsätzlich sind wir offen für jede*n, der oder die eine Leidenschaft für das Realisieren von Geschichten in Film und Fernsehen mitbringt. Geistes- und Sozialwissenschaftler*innen sind bei uns zwar primär eher im Kommunikationsbereich zu finden, aber warum sollte es nicht auch unter ihnen Menschen geben, die Lust haben, sich so eine Produktion mal von der anderen Seite der Kamera anzugucken?
Und die Green Production, also das nachhaltigere Produzieren, hat uns in den letzten Jahren schon begleitet und wird inzwischen von Auftraggebenden immer häufiger gewünscht. Wir sprechen nicht nur darüber, dass wir Papp- statt Plastikgeschirr an den Sets verwenden, sondern es geht auch um das technische Nachrüsten und Workflows, die effizienter gestaltet werden. Die Erfahrungswerte und Ideen von Umweltwissenschaftler*innen sind da durchaus gefragt.
Was zeichnet die Workflows bei der Film- und Fernsehproduktion aus?
Wenn ich mir einen Film oder eine Serie angucke, sehe ich die Szenen in der Reihenfolge der Geschichte. Um die Produktion auf die Beine zu stellen, braucht es aber eine extrem effiziente Logistik. Die Motive werden jeweils abgedreht, dabei werden meist unterschiedliche Spieltage abgedeckt. Die Script/Continuity muss dann zum Beispiel dafür sorgen, dass die Bildanschlüsse stimmen. Wenn ich beispielsweise an einem Set einmal den Spieltag 1 und einmal den Spieltag 5 drehe, müssen die Schauspieler*innen andere Kleidung tragen und vielleicht eine andere Frisur haben. Möglicherweise ist auch die Dekoration anders eingerichtet.
Wie viele Traineestellen bieten Sie an?
Was die Anzahl angeht, haben wir keine Höchstgrenze gesetzt. Wenn wir für jede Position zum Beispiel zehn Bewerber*innen finden, die großes Potenzial bieten, würden wir unseren Personalschlüssel entsprechend aufstocken. Bisher ist das Interesse erfreulicherweise groß.
Wer sich auf Ihre Nachwuchsprogramme bewirbt, braucht keine Erfahrungen in der Medienbranche. Begeisterung für die Filmbranche sollten Bewerber*innen aber schon mitbringen. Reicht es, wenn man gerne ins Kino geht?
Nein, eher nicht. Quereinsteiger*innen sollten erklären können, warum sie etwas komplett anderes machen wollen, warum sie sich für Film- und Fernsehproduktionen interessieren und warum sie sich für einen ganz bestimmten Job bewerben. Auf unserer Website finden Interessierte einige Informationen zu den verschiedenen Angeboten. Und das Internet bietet ebenfalls ausreichend Informationen.
Worauf kommt es in der Bewerbung außerdem an?
Wir sind hier alle mit Leidenschaft dabei, unsere Geschichten für die Zuschauer*innen zu produzieren. Deshalb freue ich mich, wenn ich ein Gefühl für den Menschen bekomme, der hinter der Bewerbung steckt: Hat die Person wirklich Lust, noch einmal etwas Neues für sich zu entdecken? Wir wünschen uns darüber hinaus kompakte Bewerbungen, die über das jeweilige Online-Formular eingereicht werden.
Wer in der ersten Bewerbungsrunde erfolgreich ist, wird zu einem Assessment-Center eingeladen. Wie läuft das ab?
Wir werden für jeden Fachbereich einen Assessment-Tag konzipieren, an dem die Teilnehmenden mit relevanten Praxissituationen konfrontiert werden, um sie so besser kennenzulernen als in einem einstündigen Gespräch. Wir werden ihnen auch einen vertieften Einblick geben in das, was sie bei uns erwartet.
Wie laufen die Einstiegsprogramme ab?
Wir starten mit einem so genannten Basecamp, in dem wir die Teilnehmer*innen auf theoretischer Ebene abholen und in die Branche, ins Unternehmen, in den jeweiligen Fachbereich einführen: Welche Gepflogenheiten und welches Wording gibt es hier? Wie kann man sich die Produktionsflows vorstellen? Was macht es zum Beispiel für einen Unterschied, ob ich als Regieassistenz bei einem Filmformat, bei einem Showformat oder bei einer industriellen Serienproduktion tätig bin? Anschließend startet der Praxiseinsatz, in dem die Trainees unterschiedliche Produktionen durchlaufen.
Dabei richten wir uns ein wenig nach der individuellen Expertise der Teilnehmer*innen. Der eine kann vielleicht von Anfang an in den Bereich der 1. Aufnahmeleitung eingearbeitet werden, der andere sollte eventuell erst in der Set-Aufnahmeleitung die Vorstufen intensiver kennenlernen. Die eine Person braucht nur kurze Infos und kann sukzessive eigene Verantwortungsbereiche übernehmen, die andere muss vielleicht noch in einer Hospitation einen Einblick in bestimmte Bereiche bekommen.
Wie werden die Teilnehmenden unterstützt?
Neben den organisatorischen Ansprechpersonen aus der Administration stehen den Trainees Mentor*innen als Ansprechpersonen aus dem jeweiligen Fachbereich zur Seite. Sie sind alle schon sehr lange in unserem Unternehmen tätig und verfügen auch über Expertise auf dem Markt. Sie unterstützen die Teilnehmenden und beantworten ihnen Fragen, die diese als „Neue“ im Arbeitsalltag vielleicht sonst nicht stellen wollen.
Werden die Trainees nach Abschluss des Programms von Ihnen übernommen? In Praktika, Projektstellen oder unbefristeten Stellen?
Wir investieren zwei Jahre in die Teilnehmer*innen, weil wir hoffen, dass sie anschließend bei uns bleiben möchten und dass wir die Möglichkeit haben, sie in unseren Produktionen einzusetzen. In der Produktionswelt und auch generell in der Medienbranche sind projektgebundene Arbeitsverträge üblich. Eine solch kreative Branche erfordert eine gewisse Flexibilität. Und im besten Falle können sich die Mitarbeiter*innen Projekte aussuchen, bei denen sie gerne mitmachen möchten.
Die Arbeitsbedingungen in der Filmbranche haben nicht den besten Ruf, was die Work-Life-Balance angeht. Welche berufliche Realität erwartet die Absolvent*innen Ihrer Programme?
Es stimmt wohl, dass die Arbeitstage in Filmproduktionen nicht täglich nach dem gleichen Muster ablaufen und man nicht mit einer täglichen Arbeitszeit von 9 bis 17 Uhr rechnen kann. Bei Filmproduktionen können Arbeitstage von zehn Stunden vorkommen. Aber dann wird eine gesetzlich geregelte Ruhezeit eingehalten. Zudem gibt es auch Serienproduktionen, bei denen die Tage geregelter sind und nur an fünf Tagen pro Woche gedreht wird.
Wir haben sehr klare Strukturen in den Produktionen und sehr flache Hierarchien. Das Arbeiten zeichnet sich durch das Zusammensein in einem großen familiären Team aus. Und anders als in anderen Bereichen ist es zum Beispiel möglich, wenn ich Familie haben, für vier Monate intensiv an einem Projekt zu arbeiten und anschließend für zwei Monate zuhause zu bleiben.
Wie wollen Sie das Programm zukünftig weiterentwickeln?
Wir möchten die Nachwuchsprogramme institutionalisieren und haben den Wunsch, weitere Fachbereiche zu ergänzen.
Gibt es auch ähnliche Programme in anderen Medienunternehmen?
Training-on-the-job-Programme gibt es auch bei anderen Medienunternehmen und auch bei Weiterbildungsinstituten. Viele davon bilden aber eher auf Führungspositionen hin aus. Sie fokussieren sich dabei nicht so sehr auf operative Produktionsgewerke, sondern zum Beispiel eher auf das übergeordnete Kostümbild oder die Ausstattung. Wir halten es für wichtig, die Berufsbilder viel präsenter zu machen.
Denn wer weiß schon außerhalb der Medienbranche, was das Script/Continuity macht oder dass es in der Ausstattungsabteilung Innenrequisiteur*innen, Außenrequisiteur*innen und Requisitenassistent*innen gibt? Wir möchten mehr Menschen neugierig auf diese Berufe machen. Denn es macht wirklich Spaß, Teil eines Produktionsteams zu sein.
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