Pssst, streng vertraulich!
Verschwiegenheitspflicht gegenüber der Arbeitgeber*in: Worauf kommt es an, gibt es Ausnahmen und was bedeutet das eigentlich für die Arbeitnehmenden...

Pssst, streng vertraulich!

Arbeitgeber haben ein Recht darauf, dass Betriebsinterna „in den eigenen vier Wänden“ bleiben. Dahinter steckt die allgemeine Verschwiegenheitspflicht, auch Schweigepflicht genannt. Doch Verschwiegenheit ist keine Einbahnstraße, sagt Arbeitsrechtlerin Asma Hussain-Hämäläinen.

Text: Janna Degener-Storr

Asma Hussain-Hämäläinen ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und vertrtitt vor allem Angestellte und Führungskräfte. Foto: Das Portrait

WILA Arbeitsmarkt: Über welche Themen dürfen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht außerhalb des Betriebs sprechen?
Asma Hussain-Hämäläinen: Als Geheimnis wird eine Information bewertet, die nur innerhalb eines kleinen Personenkreises bekannt ist und an deren Schutz ein begründetes Interesse besteht. Dazu zählen auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Jedoch kann es von der Verschwiegenheitspflicht Ausnahmen geben, um Arbeitnehmer*innen nicht unzulässig einzuschränken.

Auch fallen offenkundige Tatsachen nicht darunter, solche also, die ohne großen Aufwand ermittelt werden können, zum Beispiel aus Pressemitteilungen oder von der unternehmenseigenen Webseite. Diese stellen kein Geheimnis dar.

Können Sie Beispiele nennen?
Dazu gehören zunächst einmal Techniken, Rezepturen oder Verfahrensweisen, aber zum Beispiel auch die künftige Management-Struktur, Übernahme- oder Fusionspläne, wenn diese erst einem kleinen Kreis bekannt ist und sozusagen „unter Verschluss gehalten werden“.

Wo ist die Verschwiegenheitspflicht festgelegt?
Sie findet sich zum Beispiel in Paragraph 23 des Geschäftsgeheimnisgesetzes. Sie ist auch eine Nebenpflicht aus der gegenseitigen Rücksichtnahmepflicht, die aus Paragraph 241 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches abgeleitet wird. Aber vor allen Dingen kann sie sich aus Arbeitsverträgen ergeben.


 
„Die Verschwiegenheitspflicht besteht allerdings nur, wenn der Arbeitgeber an der Verschwiegenheit ein berechtigtes Interesse hat.“
 

 

Was ist in den Arbeitsverträgen geregelt?
Die Verschwiegenheitspflicht, die in den Arbeitsverträgen geregelt ist, erstreckt sich auf alle Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sowie auf Tatsachen, die den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer beziehungsweise die Arbeitnehmerin in besonderem Maße berühren und die er oder sie aufgrund der Tätigkeit im Unternehmen erfahren hat. Der Arbeitsvertrag legt fest, dass der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin die Pflicht hat, vertrauliche Informationen geheim zu halten.

Das heißt auch, dass er oder sie sich ohne Einverständnis des Arbeitgebers keine betrieblichen Unterlagen oder Daten aneignen darf. Genauso wenig darf er oder sie diese für betriebsfremde Zwecke vervielfältigen. 

Was passiert, wenn man doch etwas ausplaudert?
Verstößt der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin gegen die arbeitsvertragliche Verschwiegenheitsverpflichtung, kann dies eine ordentliche oder sogar eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zur Folge haben und eine Schadensersatzpflicht begründen.

Liegt eine Geheimnisverletzung im Sinne des Geschäftsgeheimnisgesetzes vor, macht sich der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin zusätzlich auch noch strafbar. Das heißt, dass er oder sie mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft werden kann. Ausnahmen wird es künftig für Whistleblower geben.

Ist es dabei rechtlich relevant, ob ich Privatpersonen etwas berichte oder Interna an die Konkurrenz weitergebe?
Die Verschwiegenheitspflicht gilt nach innen (gegenüber Kolleg*innen) und nach außen (gegenüber Privatpersonen und Konkurrenz). Bei Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen an die Konkurrenz kann der Schaden und damit der Schadenersatzanspruch des Arbeitgebers aber wesentlich größer sein.


 
„Arbeitgeber müssen eine Vielzahl von Gesetzen beachten, zum Beispiel die Datenschutzgrundverordnung.“
 

 

Die Schweigepflicht gilt aber nicht nur in eine Richtung. Was dürfen Beschäftigte von ihrem Arbeitgeber in Punkto Verschwiegenheit erwarten?
Arbeitgeber müssen eine Vielzahl von Gesetzen beachten, zum Beispiel die Datenschutzgrundverordnung. Persönliche Daten und Fakten dürfen somit nicht ohne die Kenntnis und ohne Rechtfertigungsgrund des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin einfach an Dritte weitergegeben werden.

Wie können Angestellte gegen Verstöße seitens des Arbeitsgebers vorgehen?
Sie können eine Unterlassungsklage und Schadenersatzansprüche geltend machen. In meiner Kanzlei hatte ich schon häufiger mit solchen Fällen zu tun. Zum Beispiel hat ein Arbeitgeber in seinen internen Mitarbei­terforen über eine fristlose Kündigung einer Mitarbeiterin berichtet und diese als wirksam dargestellt, während der Kündigungsschutzprozess noch lief und damit die Berechtigung dieser Kündigung völlig offen war. Wir haben Unterlassungs- und Schmerzensgeld verlangt. Die Parteien haben sich verglichen.

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