Mit Biologie die Zukunft gestalten
Ob Managerin eines Biosphärenreservats oder Forscher im Labor – mit Biologiestudium können Fachkräfte in vielen Bereichen aktuelle Themen voranbringen. Der VBIO setzt sich dafür ein, ihre Arbeitsbedingungen optimal zu gestalten.
Interview: Nicole Kretschmer
WILA Arbeitsmarkt: Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin – schon im Namen des VBIO stecken jede Menge Themen. Wie macht sich das im Verband bemerkbar?
Prof. Karl-Josef Dietz: Tatsächlich umfassen die Themen des VBIO viele Bereiche – von den molekularen Interaktionen in der Zelle über die Funktionen von Ökosystemen bis hin zu den Konsequenzen des Klimawandels. Um diese Vielfalt abzudecken, ist der Verband auf zwei Säulen aufgebaut: Zum einen gibt es die individuellen Mitglieder, die unterschiedliche Schwerpunkte und Interessenslagen haben. Zum anderen sind Fachgesellschaften Mitglieder: Ihre Schwerpunkte liegen meist auf bestimmten Teilaspekten der Biologie wie Zoologie, Mikrobiologie oder Biotechnologie.
Und in welchen Bereichen arbeiten Ihre Mitglieder?
Das ist ganz unterschiedlich! Es gibt viele Biolog*innen, die in der Forschung arbeiten – entweder an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen oder in der freien Wirtschaft, beispielsweise in Pharma- und Biotechnologieunternehmen. Aber nicht alle Absolvent*innen wollen im Bereich Forschung und Entwicklung tätig sein.
Es gibt vielfältige Alternativen: Absolvent*innen der Biologie können in Wissenschaftsmanagement und -kommunikation, in Naturschutzbehörden, öffentlichen Verwaltungen oder Diagnostiklabors tätig sein oder auch an Gymnasien oder Berufsschulen für Technische Assistenten. Ihre Expertise ist in der Politikberatung oder in einer NGO gefragt beispielsweise mit Bezug zum Klimawandel oder ökologischen Konversion von Wirtschaftszweigen. Hier kommt es sehr auf die individuellen Kenntnisse und die Interessen an. Eine Vielzahl von Berufswegen haben wir unter anderem in unserer Publikation „Perspektiven – Berufsbilder von und für Biologen und Biowissenschaftler“ skizziert. Und der VBIO bietet auch Webinare zu diesem Thema an.
„Für aktuelle Herausforderungen braucht es eine starke Stimme, die gegenüber den Entscheider*innen bei neuen Gesetzesvorlagen zu Wort kommt – und das ist Aufgabe des VBIO.“
Welche Themen sind gerade im Verband präsent?
Die Biologie ist eine zentrale Wissenschaft für die Gestaltung der Zukunft, denn viele Herausforderungen wie die Bewahrung der Biodiversität, Nachhaltigkeit sowie biomedizinische Entwicklungen in der Gesundheitsbranche sind zurzeit hochaktuell. Für diese Themen braucht es eine starke Stimme, die gegenüber den Entscheider*innen bei neuen Gesetzesvorlagen zu Wort kommt – und das ist Aufgabe des VBIO.
Außerdem greifen wir bestimmte Themen in unseren Arbeitskreisen auf, wie etwa Schulbiologie, wissenschaftliche Tierversuche oder Arbeiten als Freiberufler. Unsere Mitglieder können sich in ihrem jeweiligen Landesverband engagieren und dort Themen angehen, die beispielsweise vor Ort wichtig sind. Durch die Corona-Pandemie finden die Veranstaltungen nun in der Regel online statt, sodass man sich aus einem anderen Bundesland zuschalten kann, wenn man möchte.
Stichwort Corona-Pandemie: Wie beeinflusst die Pandemie die Arbeit der Mitglieder des VBIO?
Es kommt sehr darauf an, in welchem Bereich man tätig ist. An Schulen und Hochschulen sind das Distanzlernen, Online-Vorlesungen und digitaler Unterricht hinzugekommen. In anderen Bereichen gab es dagegen kaum Veränderungen. Die biologische Fachkompetenz erfährt besondere Wertschätzung. So ist der Bedarf in den Diagnostiklaboren zurzeit riesig und bietet dadurch berufliche Möglichkeiten. Ob jemand das möchte, beziehungsweise ob das der richtige Arbeitsplatz ist, muss er oder sie natürlich selbst entscheiden.
„Biolog*innen sind aufgrund der Breite an Fähigkeiten, die sie mitbringen, interessant für Arbeitsgeber.“
Mit welchen Fähigkeiten können Biowissenschaftler*innen außerhalb der eigenen Branche punkten?
An dieser Stelle möchte ich gerne meinen Doktorvater zitieren. Er hat immer gesagt, dass die Biologie komplexes Denken lehrt. Ein Beispiel: Für die Analyse eines Krankheitsbildes wie Diabetes braucht man natürlich Fachwissen über Rezeptoren und molekulare Interaktion. Außerdem brauchen die Fachkräfte Kenntnisse in Datenbank-Recherche, Tabellenkalkulation oder Statistik. Und wichtig ist auch, keine Angst vor komplexen Fragestellungen zu haben.
Biolog*innen sind also aufgrund der Breite an Fähigkeiten, die sie mitbringen, interessant für Arbeitsgeber. Außerdem fällt auf, dass gerade in der freien Wirtschaft Personaler*innen häufig gar nicht mehr die spezialisierten Fachkräfte suchen. Hier stehen eher durchmischte Teams im Vordergrund. Wenn beispielsweise ein Unternehmen eine Fachkraft für Biotechnologie sucht, entscheidet man sich oft für eine Biologin oder einen Biologen, weil man dieser*m zurecht zutraut, eine Mittlerrolle zwischen den verschiedenen Disziplinen spielen zu können.
„Studierende und Absolvent*innen müssen sich genau informieren, was sie für ihren Berufswunsch benötigen.“
Ist die Promotion noch der Regelabschluss?
Es gibt beides! Gerade heutzutage kommt man auch mit dem Masterabschluss im Job unter. Entscheidend ist, in welchem Bereich man Fuß fassen möchte. Lehramtsstudierende für Biologie machen in der Regel keinen Doktor. Wer aber begeistert ist für Forschung und Entwicklung und neue Konzepte entwickeln möchte, braucht die Promotion.
Für einen Job in einer Naturschutzbehörde wiederum sind praktische Erfahrungen wichtig, die über Praktika erworben werden können. Hier hat man auch mit einem Bachelor gute Chancen, was auch daran liegt, dass in diesem Bereich viele Stellen nur im gehobenen Dienst vergeben werden. Aber auch hier kann es Stellen mit der Zugangsvoraussetzung der Promotion geben. Studierende und Absolvent*innen müssen sich also genau informieren, was sie für ihren Berufswunsch benötigen.
Wie gelingt der Jobeinstieg?
Der erste Schritt als Absolvent*in ist, sich einen Rahmen zu stecken, in welchem Bereich man aktiv werden möchte. Sie müssen dabei auch im Blick haben, welchen Beruf sie im Idealfall gerne machen möchten und welche verwandten Berufsfelder es daneben gibt, die auch in Frage kommen könnten. Im zweiten Schritt heißt es dann natürlich, Bewerbungen zu schreiben und Ausdauer zu beweisen.
Der VBIO unterstützt Berufseinsteiger*innen regelmäßig mit berufsorientierenden Webinaren zu unterschiedlichen Berufsfeldern wie zu hilfreichen „Softskills“. In den Webinaren sind dann auch Vertreter*innen aus der Industrie, Laboratorien und aus der Forschung oder eben von Verlagen oder Behörden zu Gast und stehen für Fragen zur Verfügung. Außerdem finden Absolvent*innen auf unserer Webseite viele Informationen zum Studium und zur Berufswahl.
„Der VBIO vertritt die Interessen seiner Mitglieder gegenüber den Entscheidungsträger*innen.“
Welche Aufgaben übernimmt der VBIO für Berufstätige?
Der VBIO unterstützt Berufstätige darin, ihre Arbeitsbedingungen optimal zu gestalten. Zu den Themen zählen hier Anforderungen an den Umgang mit Biostoffen oder der Arbeit mit gentechnischen Methoden sowie Sicherheitsverordnungen oder auch ethische Standards.
Biowissenschaftler*innen müssen je nach Betätigungsfeld Zertifikate vorweisen und ihre Kenntnisse auffrischen. Hier gibt es laufend Änderungen und Zusätze zu den Verordnungen, die den Arbeitsalltag beeinflussen. Der VBIO beobachtet diese Anpassungen aktiv und vertritt die Interessen seiner Mitglieder gegenüber den Entscheidungsträger*innen. In der Praxis sieht es dann so aus, dass der Verband Gesetzesvorlagen kommentiert und die Politik berät, die Interessen der Biologen in Fachgremien vertritt und die Mitglieder zeitnah informiert.
„Durch eine Mitgliedschaft können Fachkräfte Kontakte knüpfen zu den Fachgesellschaften oder zu anderen Mitgliedern im Verband und diese Kontakte dann für die Jobsuche nutzen.“
Welche Vorteile bietet eine Mitgliedschaft?
Jedes Mitglied hat die Möglichkeit, sich in den Arbeitskreisen, Landesverbänden und Veranstaltungen aktiv mit einzubringen und auch die Richtung des VBIO mitzugestalten. Neue Mitglieder erhalten unsere Publikation „Perspektiven“ und quartalsweise unsere Mitgliederzeitschrift „Biologie in unserer Zeit“. Außerdem können sie sich für den europäischen Titel „European Professional Biologist“ registrieren.
Durch eine Mitgliedschaft können Fachkräfte Kontakte knüpfen zu den Fachgesellschaften oder zu anderen Mitgliedern im Verband und diese Kontakte dann für die Jobsuche nutzen. Zu guter Letzt beantwortet unsere Geschäftsstelle in München Jobsuchenden auch gerne Fragen rund um Ausbildung, Beruf oder Existenzgründung und bietet wie schon erwähnt eine Webinarreihe zur Berufsorientierung.
Wer kann Mitglied werden?
Ein Biologiestudium ist dafür nicht erforderlich: Wir sprechen Biologie-Interessierte an. Das kann sowohl der Pilzsammler, die Biotechnikerin als auch der Doktorand im Bereich molekulare Biologie sein.
- Der Artikel ist im WILA Arbeitsmarkt erschienen. Neben den Artikeln im Online-Magazin bietet das Abo-Produkt mehrere hundert ausgewählte aktuelle Stellen pro Wochen – von Montag bis Freitag aktualisiert und handverlesen speziell für Akademiker*innen mit einem generalistischen Studienhintergrund.
- Die Abonnentinnen und Abonnenten erhalten durch den redaktionellen Teil und die Stellen-Datenbank einen breiten und dennoch konkreten Überblick über derzeitige Entwicklungen in Berufsfeldern und Branchen, können sich anhand der ausgewählten Jobs beruflich orientieren und bleiben so bei der Jobsuche am Ball. Unsere Erfahrung: Viele Abonnent*innen stoßen auf Tätigkeiten, die sie gar nicht auf dem Schirm hatten.