Jobs in Stiftungen: Keine typischen Karrierewege
Viele Stiftungen finanzieren spannende Forschungsprojekte. Foto: Clipdealer

Jobs in Stiftungen: Keine typischen Karrierewege

Forschungsprojekte, Öffentlichkeitsarbeit, Programm-Management: In Stiftungen gibt es viele spannende Arbeitsmöglichkeiten für Kultur-, Sozial- und Geschichtswissenschaftler/innen.

Martin Speer ist Pressesprecher des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen. Mit Melissa Strifler sprach er über Jobchancen, Arbeitsfelder und Gehälter. 

WILA Arbeitsmarkt: Wie finanziert sich eine Stiftung?   

Martin-SpeerMartin Speer: Stiftungen sind Institutionen, zu denen Menschen sich zusammenschließen, um nicht nur mit ihrem Geld, sondern auch mit ihrer Zeit und ihren Ideen im Sinne eines bestimmten Stiftungszwecks zusammenzuarbeiten. Die finanzielle Grundlage für ihre Arbeit bildet das Stiftungskapital, welches bei Stiftungserrichtung auf Dauer angelegt wird und einem bestimmten, in der Regel gemeinnützigen Zweck gewidmet ist.

Das Stiftungsvermögen legt die Stiftungsverwaltung sicher und gewinnbringend an und finanziert oder betreibt selbstständig aus den Überschüssen gemeinnützige Projekte. Darüber hinaus holen Stiftungen Drittmittel ein oder finanzieren sich über Spenden oder Zustiftungen.

Sind Stiftungen attraktive Arbeitgeber?

Ob ein Arbeitgeber grundsätzlich als attraktiv gilt, hängt wie für jeden anderen Job auch von individuellen Interessen, Bedürfnissen und Vorlieben der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers ab. Jedoch trifft die Aussage zu, dass Arbeitsplätze in Stiftungen – vor allem gemeinnützigen – sehr gefragt sind, da dieses Tätigkeitsfeld von vielen Menschen als äußerst sinnstiftend angesehen wird.

Darüber hinaus bestehen viele Gestaltungsmöglichkeiten, insbesondere durch die Vielzahl an Projekten und Themen, denen sich Stiftungen widmen. Je nach Größe, also Stiftungskapital, jährlichen Ausgaben, Organisationsgrad, Spendeneinnahmen, und je nach Zielsetzung, also Satzung, Zwecken und Aufgaben, der Stiftungen variieren jedoch die Komplexität der Umsetzung von Projekten und Initiativen sowie die Gelegenheiten, sich individuell einzubringen. Hinsichtlich der Vergütung von Arbeitsplätzen im Stiftungssektor ist zu ergänzen, dass sie in der Regel nicht mit Stellen in der freien Wirtschaft zu vergleichen sind.

Wie sieht der Arbeitsmarkt bei Stiftungen derzeit aus?

Um die Jahrtausendwende hat in Deutschland ein deutliches Stiftungswachstum eingesetzt, das belegen Zahlen des Bundesverbandes sehr deutlich. Diese Entwicklung hat gewiss Folgen für den Arbeitsmarkt im Stiftungswesen, denn je mehr Stiftungen gegründet werden, desto mehr nimmt auch die Beschäftigungsrate in diesem Sektor zu.

Gleichzeitig schreitet hier auch die Ausdifferenzierung von Arbeit voran, denn Stiftungen wachsen und entwickeln sich intern wie extern. Dennoch ist ein solcher „Stiftungsboom“ keineswegs mit einem „Arbeitsplatzboom“ gleichzusetzen. Wie sich die anhaltenden Niedrigzinsen auf den Arbeitsmarkt im Stiftungswesen auswirken, ist dem Bundesverband Deutscher Stiftungen gegenwärtig zwar nicht bekannt.

Nach wie vor lässt sich jedoch die Aussage bestätigen, dass Stiftungsarbeit stark ehrenamtlich geprägt ist. Viele Stiftungen beschäftigen keine Angestellten, sondern werden vom ehrenamtlichen Engagement getragen. Auf Grund des demografischen Wandels ist jedoch anzunehmen, dass Stiftungen sich zukünftig auf diesem Feld noch stärker professionalisieren werden. 

  • Zum Weiterlesen: Wie können Arbeitssuchende Stiftungen in ihrer Region oder passend zu ihren Interessen finden? Am 1. Oktober 2017 ist die neunte Auflage des Verzeichnisses Deutscher Stiftungen erschienen, das der Bundesverband Deutscher Stiftungen herausgibt.
  • In drei Bänden sind rund 26.000 Stiftungen porträtiert. Das Verzeichnis lässt sich dank eines Registers auch nach Orten und Satzungszweck durchsuchen. Mit 199 Euro ist es relativ koststpielig – die Bände können aber oftmals auch in Hochschulbibliotheken eingesehen werden. Alternativ gibt es in Kürze ein kostenpflichtiges Online-Verzeichnis mit Stiftungen, das auf der Internetseite des Verbands steht: www.stiftungen.org

Rentiert sich für Akademikerinnen und Akademiker die Arbeit in Stiftungen?

Prinzipiell lässt sich sagen, dass gerade bei hauptamtlichen Führungskräften in Stiftungen der Akademikeranteil bei rund 90 Prozent liegt. Akademikerinnen und Akademiker mit spezifischem Forschungsschwerpunkt finden in Stiftungen einen Arbeitgeber, der ihnen je nach persönlicher thematischer Ausrichtung eine Perspektive bietet, den eigenen Fachkompetenzen entsprechend zu arbeiten und diese zu intensivieren.

So nutzen viele Stiftungen gezielt die Expertise von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und suchen diese auch für ihre Projekte, um zum Beispiel anspruchsvolle Forschung zu betreiben und Studien zu publizieren. Auch Förderstiftungen können sich für Akademikerinnen und Akademiker als interessant erweisen, denn wer im Rahmen einer Stelle zum Beispiel zu entscheiden hat, welcher Antragstellende oder welches Projekt gefördert werden soll, braucht als Grundlage entsprechende wissenschaftliche Kenntnisse.

Für Geisteswissenschaftler im Speziellen, also zum Beispiel Kultur-, Sozial- und Geschichtswissenschaftler oder auch Philologen, bestehen darüber hinaus sehr gute Chancen, in den Bereichen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit oder auch im Projekt- bzw. Programmmanagement tätig zu werden.

Auf was sollten Arbeitnehmer achten, wenn sie sich bei einer Stiftung bewerben wollen?

Grundsätzlich sollten sich interessierte Bewerberinnen und Bewerber bei der Wahl eines potentiellen Arbeitgebers im Stiftungssektor fragen, welche Berührungspunkte sie zu den einzelnen Stiftungen vorweisen können.

Dies können inhaltliche Kriterien oder die Affinität zum Stiftungswesen sein, zum Beispiel ein ehrenamtliches Engagement in einer Bürgerstiftung oder anderswo, aber auch die Tatsache, dass die Interessentin oder der Interessent bereits ein Stipendium oder eine Projektförderung von der jeweiligen Stiftung erhalten hat.

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 Wie viel kann man in Stiftungen verdienen?

Prinzipiell orientiert sich die Vergütung in Stiftungen an den Tarifen des öffentlichen Dienstes (TVöD), dies ist jedoch nicht überall der Fall. Insbesondere in kleineren Stiftungen verdienen Angestellte in der Regel weniger als im öffentlichen Dienst.

Darüber hinaus existieren vorrangig befristete, projektbezogene bzw. Drittmittelstellen, deren Vergütung in Abhängigkeit zu den vorhandenen Fördergeldern festgelegt wird. Für Vorstandsposten gilt Ähnliches: Nur jede zehnte Stiftung hat hauptamtliche Vorstandsmitglieder, jede vierte hat einen festangestellten Geschäftsführer. Hauptamtliche Führungskräfte werden in Stiftungen außerdem deutlich geringer entlohnt als ihre Kollegen in vergleichbaren Positionen in der Privatwirtschaft. Die Bandbreite der gezahlten Gehälter ist vor allem bei Stiftungsvorständen sehr groß und reicht von 40.000 bis zu 250.000 Euro.

Welche Voraussetzungen sollte man für die Arbeit in Stiftungen erfüllen?

Je nach Ausrichtung und Schwerpunkt der Stiftung werden Angestellte bevorzugt, die bereits konkrete Forschungs- und/oder Berufserfahrungen in affinen Themenbereichen vorweisen können. Aber auch Kenntnisse und Kompetenzen in anderen Arbeitsgebieten können von Vorteil sein.

Darüber hinaus sind Auslandserfahrung bzw. Erfahrung mit internationalen Organisationen sowie Fremdsprachenkenntnisse gern gesehene Kompetenzen, da viele Stiftungen international tätig sind oder sogar Auslandsbüros besitzen. Während sogenannte große Stiftungen strukturell bereits sehr ausdifferenziert sind und Arbeitsplätze unter anderem im Veranstaltungsmanagement, in der Öffentlichkeitsarbeit, der Verwaltung und IT sowie im Fundraising vergeben, suchen kleine Stiftungen vor allem Allround-Talente mit grundlegenden Management-Kenntnissen in den Bereichen Stiftungsrecht, Finanzen, Personal, Marketing und PR.

Sind Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger typisch bei Stiftungen?

Da es neben dem Beruf des Stiftungsmanagers nicht den einen typischen Karriereweg in eine Stiftung gibt – das machen die vielen verschiedenen Arbeitsbereiche, insbesondere in großen Stiftungen, deutlich – lässt sich die Frage nach Quereinsteigern nicht eindeutig beantworten. Es kommt jedoch vor, dass Mitarbeitende, bevor sie in einer Stiftung gearbeitet haben, in der Privatwirtschaft oder an Universitäten tätig waren und andersherum. Ein stiftungsferner Hintergrund muss kein Hindernis sein, vor allem, wenn eine thematische bzw. inhaltliche Nähe besteht.

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