Absagen ohne Ende?
Besonders bitter: Absagen nach dem Bewerbungsgespräch. Foto Copyright: Gajus / Fotolia.de

Absagen ohne Ende? "Gib nicht auf!"

WILA Arbeitsmarkt-Leserin Jennifer Warkentin berichtet von ihrem Jobsuche-Marathon – und dem entscheidenden Anruf.

Text: Jennifer Warkentin 

Das Leben spielt immer anders, als man denkt. Besonders schmerzhaft wurde mir das klar, als ich 2015 mit bereits einigen Jahren Berufserfahrung erneut eine Stelle suchte – zum x-ten Mal. Bis dato hatte ich in meinem Leben 225 Bewerbungen geschrieben.

Los ging es im Jahr 2009, als ich meine Magisterarbeit fertig geschrieben hatte und mich glücklich schätzte, weil ich direkt nach Studienende eine Teilzeitstelle ergatterte. Doch nur neun Monate später saß ich wieder an Bewerbungen: Meine Stelle war aus finanziellen Gründen gestrichen worden.

  • Bloggerin-J-WarkentinZur Autorin: Jennifer Warkentin hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik und Deutsch als Fremdsprache. Sie arbeitet nach diversen Stationen als Angestellte und Freiberuflerin im Bereich Global Mobility in der Personalabteilung eines mittelständischen Unternehmens in Hamburg. Dieser Bereich betreut die Mitarbeiterentsendung der Firma.
  • Jennifer Warkentin bloggt unter www.geistesfindung.wordpress.com

2010 war die Bewerbungsphase lang und hart, es wollte einfach nicht in meiner Wahlheimat klappen. Ich schrieb mehr als 100 Bewerbungen, hielt mich mit zwei Standbeinen freiberuflich über Wasser, warf aber schließlich das Handtuch. Statt mich nur auf eine Postleitzahlregion zu beschränken, beugte ich mich endlich und bewarb mich deutschlandweit.

"Diese fein choreografierte Farce von Vorstellungsgesprächen: Ich hatte einfach keine Kraft mehr, bei diesem Spiel mitzumachen."

Überraschend schnell wurde ich nach wenigen Monaten in einer Großstadt fündig und wurde als Quereinsteigerin eingestellt. Nachdem ich nach zwei Jahren einen weiteren Stellenwechsel hinter mich gebracht hatte, eröffnete mir mein Mann, dass er ein lukratives Jobangebot 800 Kilometer entfernt in einer anderen Großstadt erhalten hatte, und fragte, ob ich mir nicht vorstellen könnte umzuziehen. Nachdem nach vielen Diskussionen die Entscheidung für den Umzug fiel, hieß es für mich, zunächst zu kündigen und mich erneut zu bewerben. 

Doch dieses Mal war ich ausgelaugt. Dieses ewige Bittstellen, diese fein choreografierte Farce von Vorstellungsgesprächen: Ich hatte einfach keine Kraft mehr, bei diesem Spiel mitzumachen.

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So schrieb ich sehr halbherzig Bewerbungen. Ich hoffte inständig, dass die sechs Jahre Berufserfahrung, die ich bis dahin erworben hatte, mir das Leben leichter machen würden. Aber ich sollte mich täuschen. Zwar erhielt ich einige Einladungen zu Vorstellungsgesprächen, jedoch erlebte ich nun zum ersten Mal gleich fünffach, was es bedeutet, wenn die Entscheidung nach einem Vorstellungsgespräch negativ ausfällt. 

"Ein Mal kam die Absage nach der Zusage, als ich mir mehr als nur eine Nacht Bedenkzeit erbat."

Ja, ich hatte auch schon zuvor die leidvolle Erfahrung machen müssen, leider nur die zweitbeste Kandidatin gewesen zu sein, aber diesmal kam es knüppeldick. Zweimal erfuhr ich am Ende des Gesprächs, dass ich mich finanziell drastisch verschlechtert hätte. Einmal entschied man sich kurzerhand für einen internen Kandidaten, nachdem man mir mündlich bereits die Zusage erteilt hatte. Ein anderes Mal kam die Absage nach der Zusage, als ich mir mehr als nur eine Nacht Bedenkzeit erbat. Und einmal konnte ich anscheinend nicht im Gespräch überzeugen. Fünfmal hieß es also, mit einem Nein umzugehen. 

Ich nahm zu, ich igelte mich ein. Ich konnte nicht fassen, warum mir so etwas passierte. Zwei Wochen nach dem letzten Nein erhielt ich einen Anruf. Von einer Firma, bei der ich bereits eine Absage nach meiner Bewerbung kassiert hatte und die nun eine andere Stelle zu besetzen hatte. 

Sie seien auf meine Bewerbung aufmerksam geworden, da ich Spezialkenntnisse habe, die meine Lücken im HR-Bereich aufwiegen würden, und ob ich mir nicht vorstellen könnte, für ein Vorstellungsgespräch vorbeizukommen. Natürlich wollte ich und durchlief also das gesamte Programm mit zwei Vorstellungsgesprächen und einem psychologischen Test.

"Mittlerweile habe ich einen unbefristeten Vertrag."

Als man mir am Ende die Stelle anbot, konnte ich es kaum fassen. Heute, fast zwei Jahre später, arbeite ich immer noch im gleichen Unternehmen und bin begeistert, dass die Personalabteilung bereit war, die bereits abgelehnten Bewerbungen erneut durchzugehen. Es gibt sie also doch, die Unternehmen, die bereit sind, Geisteswissenschaftler einzustellen. Es gibt sie doch, Unternehmen, die einem zutrauen, Fachfremdes zu lernen. Und die stärker daran interessiert sind, ob man als Persönlichkeit zur Unternehmenskultur passt, als dass man fachlich bereits alles kann.

Als ich 2015 mit dem fünffachen Nein zurechtkommen musste, hätte ich nie davon geträumt, dass ich innerhalb kürzester Zeit von einem tollen Arbeitgeber angerufen werden würde. Mittlerweile habe ich einen unbefristeten Vertrag. Ich weiß, dass es sich immer leicht sagt, aber: Gib im Bewerbungs- und Absagemarathon nicht auf! Es gibt sie doch, die Unternehmen, die dich wollen!

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