Alles im grünen Bereich? In der Produktion gibt es häufig noch große Probleme. Foto: © imantsu / Fotolia.de

"Über das Qualitätsmanagement finden viele einen grünen Job"

Qualitätsmanagerinnen und -manager kümmern sich häufig um Nachhaltigkeit und haben gleichzeitig den Kundennutzen im Blick, sagt Anja Grothe. Über ein Berufsbild mit guten Perspektiven.

Prof. Dr. Anja Grothe ist an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) in Berlin als Professorin für Nachhaltigkeitsmanagement tätig. Als Akademische Direktorin koordiniert sie den Studiengang Nachhaltigkeits- und Qualitätsmanagement (NaQM). Mit ihr sprach Janna Degener.  

WILA Arbeitsmarkt: Ihr weiterbildender Masterstudiengang verbindet die Bereiche Nachhaltigkeits- und Qualitätsmanagement. Wo sehen Sie die Berührungspunkte?

Anja-GrotheAnja Grothe: Qualitätsmanagement sorgt dafür, dass Produkte ohne Fehler auf direktem Wege in der von den Kunden gewünschten Qualität produziert werden. Basis dafür ist die Qualitätsmanagement-Norm, die die Grundlage für eine gute Prozessgestaltung darstellt.

Umfragen zeigen immer wieder: Kunden erwarten von Unternehmen, dass sie Verantwortung für eine ressourcenorientierte Produktion verstehen. Deshalb gehen wir davon aus, dass der Nachhaltigkeitsaspekt aus Kundensicht auch einen Aspekt von Qualität darstellt. Das Qualitätsmanagement kann also auch das Nachhaltigkeitsmanagement besser strukturieren und organisieren.

Prozessstrukturen und -verantwortungen zu optimieren bedeutet, das Unternehmen von innen zu verändern, so dass besser gewirtschaftet und weniger verschwendet wird. Wichtig ist, dass die Verantwortungsübergabe an den Schnittstellen funktioniert – von der Forschung zur Entwicklung, von der Entwicklung zur Vorproduktion, von der Vorproduktion zur Produktion. Doch da gibt es häufig große Probleme – auch in Hinblick auf Umweltaspekte oder den Umgang der Menschen miteinander. 

Was fasziniert Ihre Studierenden am Qualitätsmanagement?

Das ist ganz unterschiedlich. Einige bekommen die Studiengebühren von ihrem Arbeitgeber bezahlt, weil sie sich in Sachen Qualitätsmanagement weiterbilden sollen. Andere denken sich einfach, dass Wissen in dem Bereich nicht schaden kann. Und schließlich gibt es auch einige, die sich zunächst vor allem für den Nachhaltigkeitsaspekt interessieren und das Qualitätsmanagement eigentlich als etwas Langweiliges, Dokumentarisches betrachten.

Wenn Qualitätsmanagement falsch verstanden und schlecht umgesetzt wird, kann es das auch tatsächlich sein. Qualitätsmanagement bedeutet allerdings in Wirklichkeit nicht, dass man für alles ein zertifiziertes Managementsystem haben muss. Stattdessen ist es immer von Vorteil, wenn ein Unternehmen eine gut aufgebaute Organisation vorweisen kann.

Wenn Qualitätsmanager nicht nur CSR machen, sondern auch etwas von Nachhaltigkeit verstehen, müssen sie auch den Kundennutzen klar darstellen können. Und selbst ein Umweltberater profitiert vom Grundlagenwissen des Qualitätsmanagements, wenn er in einem Unternehmen arbeiten will. Davon haben wir gegen Ende des Studiums etwa neunzig Prozent unserer Studierenden überzeugt. 

Welche fachlichen Hintergründe bringen Ihre Studierenden mit?

Teilnahmevoraussetzung ist ein abgeschlossenes Hochschulstudium – ohne Vorgabe der Fachrichtung – und eine nachvollziehbare Erklärung, wofür sie die Inhalte des Studiengangs auf ihrem weiteren beruflichen Weg benötigen werden. Unseren Studierenden ist gemein, dass sie sich verändern und Verantwortung für sich und die Welt übernehmen wollen.

Es sind viele Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftler darunter, manche kennen sich ein bisschen in Umweltrecht aus, viele haben Kenntnisse in der nachhaltigen Ökonomie, und die meisten wissen schon jede Menge über Umweltmanagement. In einem einjährigen Projekt haben sie bei uns die Möglichkeit, das Gelernte selbstentscheidend anzuwenden. Dabei erkennen sie, was sie schon können und was sie noch brauchen, um sich Letzteres dann begleitend in den Fachcoachings anzueignen. 

Der Studiengang findet berufsbegleitend statt. Wer (noch) keinen Job hat, darf also nicht daran teilnehmen?

Es ist wichtig, dass die Studierenden eine Stelle haben oder suchen – auch wenn es zunächst nur ein qualifiziertes Praktikum ist. Denn die Veranstaltungen finden ausschließlich abends und am Wochenende statt und die Studierenden sollen ihre Erfahrungen aus dem Beruf einbringen. Das ist natürlich anstrengend, zumal viele Gruppenarbeiten anstehen. Aber die Arbeitgeber honorieren später, dass die Studierenden durch das berufsbegleitende Studium eine hohe intrinsische Motivation zeigen.

Gute Arbeitsmarktchancen ergeben sich für unsere Absolventinnen und Absolventen auch dadurch, dass der Studiengang sehr breit aufgestellt ist. Die meisten von ihnen finden über das Qualitätsmanagement eine Stelle: Die Unternehmen sehen, dass das Qualitätsmanagement bei den Wettbewerbern verbreitet ist und von den Kunden nachgefragt wird. Und über diese Schiene lassen sich dann auch leichter Nachhaltigkeitsaspekte einbringen.

  • Wila-Infodienste-QualitaetDer Artikel ist im WILA Infodienst für Berufe in Umwelt und Natur erschienen. Jede Woche werden dort mehrere hundert aktuelle Stellen aus der Umweltbranche aufgelistet und nach Tätigkeitsgebieten sortiert. So erhalten die Leserinnen und Leser einen Überblick und bleiben bei der Jobsuche am Ball. 
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