Zur Weiterbildung in die Uni
Daniel Weichsel ist Geschäftsführer des Zentrums für Mediales Lernen am KIT. / FOTO: Lena Schöneberger KIT-ZML

Zur Weiterbildung in die Uni

Einige Hochschulen bieten mittlerweile wissenschaftliche Weiterbildungen für Berufstätige an. Zum Beispiel das Karlsruher Institut für Technologie im Bereich Erneuerbare Energien. Was steckt hinter dem Trend?

Dass Lehre und Forschung Pflichtaufgaben einer jeden Uni sind, dürfte sich bereits rumgesprochen haben. Wissenschaftliche Weiterbildungen als dritte Säule des universitären Bildungsauftrags sind hingegen noch nicht flächendeckend etabliert. Krischan Ostenrath hat sich mit Daniel Weichsel vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) darüber unterhalten, wie eine wissenschaftliche Weiterbildung ausgerichtet sein sollte. 

Herr Weichsel, lassen Sie uns erst mal über Inhalte reden. Das KIT steht ja für Energieforschung auf ziemlich hohem Niveau, es ist also nachvollziehbar, warum Ihre Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten einen Schwerpunkt im Bereich erneuerbarer Energien haben. Aber machen denn Weiterbildungen angesichts der aktuellen Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt regenerativer Energien überhaupt noch Sinn?

Daniel Weichsel: Klar, denn jeder weiß, dass die Energiewende über den heutigen Tag hinausreichen wird. Was in letzter Zeit an Arbeitsplätzen weggebrochen ist, lag ja auch vor allem in den produzierenden Branchen. Unsere vor allem akademische Klientel war und ist davon relativ wenig betroffen. Im Gegenteil: Nach unseren Bedarfsanalysen bleibt es bis auf weiteres bei einem deutlich überproportionalen Akademikeranteil im EE-Bereich im Vergleich zu vielen anderen Branchen. Und damit einhergehend auch beim Bedarf an akademischen Weiterbildungsmöglichkeiten. 

  • KIT-Wila-ArbeitsmarktDer Artikel ist im WILA Arbeitsmarkt Infodienst für Berufe in Umwelt und Natur erschienen. Jede Woche werden dort Stellen für Akademiker/innen  im grünen Sektor zusammengestellt und nach Tätigkeitsbereichen sortiert. So kommen die Abonnent/innen auf neue Jobideen und finden sich besser auf dem Arbeitsmarkt zurecht.

Ist es dann also eine bösartige Unterstellung, dass sich Universitäten – fernab von jeder arbeitsmarktlichen Nachfrage – über Weiterbildungsangebote zusätzliche Einnahmequellen erschließen wollen?

Weichsel: Im Falle des KIT trifft sie zumindest nicht zu. Und zwar aus zwei Gründen: Zum einen betreiben wir einen ziemlich großen Aufwand, um unsere Angebote auch auf arbeitsmarktliche Relevanz auszurichten und ständig nachzujustieren. Bevor wir eine Weiterbildung wirklich etablieren, haben wir uns vorher mit diversen Praktikern und Experten beraten und die einschlägigen Stellenangebote systematisch ausgewertet. Zum anderen überschätzen Sie vermutlich die Einnahmemöglichkeiten auf dem Weiterbildungsmarkt. Die Gelegenheiten aus wissenschaftlichen Qualifizierungsangeboten eine Goldgrube zu machen, sind eher rar gesät.

Dann lassen Sie uns doch bitte mal über die Formate reden. Wenn ich an wissenschaftliche Weiterbildung denke, habe ich unweigerlich staubtrockene Dozenten mit einer Foliensammlung aus den späten achtziger Jahren vor dem inneren Auge ...

Na ja, in den späten achtziger Jahren gab es im Bereich der erneuerbaren Energien ja auch noch nicht so viel zu lernen. Aber im Ernst: Ich glaube schon, dass unser Zentrum für Mediales Lernen (ZML) ziemlich gut auf die Bedürfnisse unserer Kunden eingeht. Wir haben uns ja bewusst für berufsbegleitende Angebote entschieden, die von reinen Online-Angeboten bis hin zu Blended Learning reichen. Mit Webinaren und virtuellen Austauschforen gibt es nun wahrlich innovativere Vermittlungswege als den klassischen wissenschaftlichen Vortrag.

Nebenbei: Das stellt auch die vermeintlich staubtrockenen Dozenten vor ganz neue didaktische Herausforderungen. Wer sich auf diese Methoden nicht einstellen kann, tritt bei uns als Dozent also gar nicht erst an.Unsere Angebote sind zudem bewusst für rund sechs Monate entworfen und nutzen somit einen großen Vorteil wissenschaftlicher Weiterbildung: die sehr strukturierte und systematische Herangehensweise an ein Thema in einem überschaubaren Zeitraum und mit ständigem Relevanz-Check durch die Experten.

  • Daniel Weichsel hat Biologie, Umweltschutz und Erwachsenenbildung studiert und ist Geschäftsführer des Zentrums für Mediales Lernen (ZML) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Zu seinen Beschäftigungsinteressen gehören insbesondere innovative Lehr- und Lernformate und Formen des e-Learning. 

Aber so richtig billig sind auch die universitätsgestützten Weiterbildungsangebote nicht, oder?

Nein, und das können wir hochschulseitig auch nicht so einfach auflösen. Wir reden ja immerhin von einem akademischen Bildungsgang, der den Bologna-Regularien entsprechen muss. Und das bedeutet nun einmal eine gewisse Qualität, die sich auch auf der Kostenseite niederschlägt.

Hier haben es Berufstätige etwas leichter als Arbeitssuchende, weil erstere ja die Kosten für eine wissenschaftliche Weiterbildung immerhin steuerlich geltend machen können oder sogar von ihrem Arbeitgeber unterstützt werden. Aber eine wissenschaftliche Weiterbildung bleibt immer eine gewisse Investition, übrigens nicht nur finanziell: Es gehört immer einiges an Selbstdisziplin und -organisation dazu, in dieser Phase die verfügbare Zeit optimal zu nutzen. 

Um so wichtiger ist es dann ja, dass sich die zeitliche und finanzielle Investition später auch mal auszahlt. Wer entscheidet sich denn erfahrungsgemäß für ein solches Angebot?

Wir legen recht großen Wert darauf, unsere Teilnehmer/innen zu ihren Vorstellungen und Zielen zu befragen. Und die Palette ist wirklich breit, sie reicht von erfahrenen Ingenieuren über junge Absolventen bis hin zu interessierten Privatleuten. Interessanterweise hat die Zahl derjenigen in letzter Zeit zugenommen, die aus dem Banken- und Finanzierungsbereich zu uns kommen, weil sie technisches Wissen für ihre Arbeitszusammenhänge brauchen. Und gelegentlich stoßen sogar Interessierte ohne Erststudium zu uns, die ihre praktische Berufserfahrung noch einmal auf akademischem Niveau ausbauen wollen.

Also durchaus nicht nur technische Spezialisten, die sich noch ein bisschen weiter spezialisieren wollen?

Da muss man zwischen den einzelnen Weiterbildungen unterscheiden. Die etwas allgemeineren Angebote wie „Erneuerbare Energien“ sind grundsätzlich für alle offen, also auch für Quereinsteiger in das Thema. Aber für ein Angebot wie „Elektrische Energieübertragung“ sollte man schon mit ein paar mathematisch-physikalischen Kenntnissen aufwarten können. Aber genau für solche Fragen sind wir vor einer endgültigen Entscheidung zur Teilnahme auch jederzeit ansprechbar. 

Und bei einer solchen individuellen Weiterbildungsberatung wären Sie auch so ehrlich, von einer Teilnahme abzuraten oder die Interessierten an die Konkurrenz zu verweisen ...?

Ja klar, es hat ja niemand etwas davon, wenn Angebot und Interesse nicht zusammenpassen. Und natürlich kennen wir auch die Angebote vergleichbarer Bildungseinrichtungen in anderen Regionen Deutschlands. Die Gründe und Kriterien für die Wahl einer wissenschaftlichen Weiterbildung sind ja zu unterschiedlich, als dass wir am KIT für alles die perfekte Antwort hätten.

Gutes Stichwort – nach welchen Kriterien sollte denn so eine Wahl aus Sicht des Kunden erfolgen?

Der erste Schritt wäre, solche Kriterien erst einmal nüchtern festzuhalten. Wer keine Zeit investieren kann, ist mit einem Crashkurs am Wochenende besser bedient als mit einer wissenschaftlichen Weiterbildung am KIT. Wer seine Region nicht einmal für unsere kompakten Präsenzphasen verlassen kann, muss sich nun einmal vor Ort nach Angeboten umschauen. Und wer das Preis-Leistungsverhältnis besser einschätzen will, kommt um genauere Prüfung der Bildungsangebote nicht herum. Das Erfreuliche daran: Im Bereich wissenschaftlicher Weiterbildungen lassen sich solche Fragen meistens sehr einfach telefonisch klären. Schwierig wird es, wenn man sich allein auf die Internetrecherche verlässt. Datenbanken und Bewertungsportale suggerieren meistens mehr Transparenz als sie wirklich liefern können.

Vielen Dank für das Gespräch. 

  • Karlsruher Institut für Technologie: Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist im Jahr 2009 als Zusammenschluss des Forschungszentrums Karlsruhe und der Universität Karlsruhe entstanden. Unter dem Dach des KIT ist auch das Zentrum für Mediales Lernen (ZML) angesiedelt, das mediale Lehr- und Lernangebote anbietet, gerade auch im Bereich der Wissenschaftlichen Weiterbildung. Das ZML hat hier gemeinsam mit seinem Partner KIC InnoEnergyKontaktstudien und Massive Open Online Courses entwickelt, die thematisch ein besonderes Augenmerk auf Energiethemen legen. Die englischsprachigen Weiterbildungsangebote im Herbst 2016: Energy Economics (Start: 07.11.), RenewableEnergies (Start: 14.11.), Energy English (Start: 21.11.) Im April 2017 sind wieder deutschsprachige Angebote vorgesehen. www.weiterbildung-energie.de
Weitere WILA-Angebote