Die Bodenschützer
Über 50.000 wilde Müllkippen werden in Deutschland vermutet - nur ein Aufgabengebiet von vielen für Bodenschützer. Foto: Fotolia.de / © blende11.photo

Die Bodenschützer

In vielen Böden stecken Altlasten und andere umweltschädliche Stoffe. Bodenschützer sorgen fürs Großreinemachen. In der Branche arbeiten zahlreiche grüne Disziplinen miteinander, darunter auch Geographen, Biologen und Agrarwissenschaftler/innen. Ein Branchenbericht.

Text: Katharina Hamacher 

Ein Großteil der Fachkräfte, die im Bereich Bodenschutz und Altlasten arbeiten, sind Akademikerinnen und Akademiker. Ihr Anteil liegt bei über 80 Prozent. Geschätzt die Hälfte der Experten kommt aus dem ingenieurwissenschaftlichen Bereich. „Eine genaue Abgrenzung ist schwierig, da die Branche eine typische Schnittstelle zwischen akademisch ausgebildeten Natur-, insbesondere Geowissenschaftlern, und Ingenieuren darstellt“, sagt Dr. Bernd Steinweg, Leiter der Regionalgruppe West des Bundesverbands Boden (BVB).

Insbesondere nach Entstehen einer Vielzahl neuer Umweltstudiengänge und dem Bachelor-/Master-System ist die Grenze fließend geworden. Auch Agrar- und Tiefbau-Ingenieure – letztere sind über Baugrund-Untersuchungen involviert – arbeiten im Arbeitsmarkt Bodenschutz und Altlasten, ebenso wie Chemie-Ingenieure, die besondere Kenntnisse über das Umweltverhalten chemischer Substanzen mitbringen.

Die nicht-technischen Fachkräfte sind in der Regel Geowissenschaftler. „Sie haben meist Geographie, Geologie oder Geoökologie studiert. Hinzu kommen Umwelt-, Boden- und Agrarwissenschaftler sowie Biologen und Chemiker“, sagt Steinweg, der selbst Geographie studiert hat.

Die wenigen Experten, die kein Studium absolviert haben, sind meist Techniker, Technische Zeichner sowie Verwaltungsangestellte in den Behörden. Sie erstellen keine eigenständigen Gutachten, sondern führen die anfallenden Feldarbeiten wie Bohrungen und Probennahmen durch; in den Behörden sind die Verwaltungsangestellten für die ordnungsrechtliche Durchsetzung des Bodenschutzrechts zuständig.

"Der Einstieg erfolgt häufig über Kontakte, Praktika und Abschlussarbeiten"

Die relativ junge Branche, die erst Ende der 1990er-Jahre durch die Erlassung des Bundesbodenschutz-Gesetzes verstärkt an Bedeutung gewann, gilt grundsätzlich als offen für Quereinsteiger anderer Disziplinen: über angrenzende Berufsbilder können auch etwa Bauingenieur/innen oder Landschaftsplaner/innen in den Bereich hineinwachsen. „Den typischen Karriereverlauf gibt es aus meiner Sicht nicht, der Einstieg in den Beruf erfolgt häufig über Kontakte, Praktika sowie Studien- und Abschlussarbeiten und ist daher sehr individuell“, sagt Dr. Bernd Steinweg. Sein Job: Der Diplom-Geograph ist im Amt für Technischen Umweltschutz und Kreisstraßen im Kreis Viersen als Abteilungsleiter für Abfall, Bodenschutz und Altlasten tätig. 

"Frühzeitig Kontakte knüpfen"

Wer in den Bereich Bodenschutz und Altlasten strebt, sollte frühzeitig Kontakt zu der Branche knüpfen. Eine gute Möglichkeit sind bereits die vorgeschriebenen Pflicht-Praktika im Bachelor-Studium, freiwillige Praktika und das Engagement in Verbänden. Klassische Arbeitgeber sind private Gutachterbüros, die in der Regel weniger als 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, sowie im Bereich Altlasten/Bodenschutz tätige größere Consultingunternehmen und Umweltbehörden auf Kreis-, Bezirks-, Landes- und Bundesebene.

Darüber hinaus arbeiten Bodenschutz- und Altlasten-Expertinnen und Experten in den Umweltabteilungen von Industriekonzernen. Die anfallenden Aufgaben sind ebenso vielfältig wie die Lebensläufe der Fachkräfte: Sie erfassen, untersuchen, bewerten und sanieren Altlasten und schädliche Bodenveränderungen auf Grundlage des Bodenschutzrechts und berücksichtigen dabei angrenzende Rechtsbereiche wie Wasser- und Abfallrecht. Unter den Begriff Altlasten fallen Flächen, die in der Vergangenheit kontaminiert wurden und durch die Gefahren für den Einzelnen und die Allgemeinheit hervorgerufen werden.


Bis zum endgültigen Nachweis einer Gefährdung einer Altlast durch Schadstoffe oder schädlichen Bodenveränderung etwa durch Erosion oder Verdichtung werden die betroffenen Bereiche im sogenannten „Verdachtsflächen-Kataster“ erfasst. „Das kann eine alte Tankstelle aus den 1950er-Jahren sein, eine kleine chemische Reinigung, ein ehemaliges Stahlwerk oder eine Chemie-Fabrik“, sagt Dr. Bernd Steinweg.

In der Bodenschutzbehörde beispielsweise fällt die Recherche dieser Flächen ebenso in den Tätigkeitsbereich der Fachkräfte wie die Auswertung historischer Dokumente und Karten, Vor-Ort-Begehungen und die Erstellung von Untersuchungskonzepten. Sobald die Ergebnisse der beauftragten Gutachter vorliegen, werden sie ausgewertet und rechtlich eingeordnet. Dies ist entscheidend für die Abstimmungsgespräche zwischen Behörden, Gutachtern und Auftraggebern, die häufig die Verursacher der Verunreinigung oder Eigentümer der jeweiligen Fläche sind. Wenn sich bei den stufenweise durchgeführten Untersuchungen der Verdacht einer Altlast bestätigt, werden die nötigen Schritte bis hin zu einer fachgerechten Sanierung eingeleitet. 

50.000 wilde Müllkippen

In Deutschland gibt es etwa 370.000 solcher Altlasten-Verdachtsfälle. Dazu zählen auch die rund 50.000 wilden Müllkippen mitten in der Landschaft, auf denen Kommunen und Bürger in der Vergangenheit ihre Abfälle entsorgt haben, bevor Anfang der 1970er Jahre das erste Abfallbeseitigungsgesetz eingeführt wurde. Im Kreis Viersen gibt es etwa 1000 Altlastverdachtsflächen. Gemeinsam mit seinem zwölfköpfigen Team recherchiert und erstbewertet Dr. Bernd Steinweg diese Flächen und erstellt eine Prioritäten-Liste.

Ist ein Verdacht besonders stark, werden diese Bereiche zuerst untersucht. Dafür zieht die Behörde Gutachter für die Entnahme und Untersuchung von Boden-, Luft- und Grundwasserproben heran, die nicht in jedem Fall unbedingt Sachverständige sein müssen. Die entsprechenden Nachweise von Sachverständigen werden über Fortbildungen, eingereichte Gutachten und Prüfungen erlangt.

Auch zertifizierte „Probennehmer“, die nicht zwangsläufig Akademiker sind, unterliegen der Nachweis-Pflicht und müssen sich regelmäßig weiterbilden. Ist die Sanierung abgeschlossen, kümmern sich die Mitarbeiter der Behörde um das anschließende Monitoring. Das bedeutet, dass die Fläche über einen festgeschriebenen Zeitraum überwacht wird. Häufig überprüfen die Experten dabei mittels Grundwassermessstellen, ob sich auch mittel- und langfrsitig keine Schadstoffe mehr feststellen lassen. 

Etwa 150 Projekte betreuen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Kreis Viersen im Durchschnitt. Eines davon ist der ehemalige britische Militärflughafen in Niederkrüchten. Auf einer Fläche größer als der Düsseldorfer Flughafen verbergen sich viele Altlasten. „An alten Tanklagern beispielsweise ist Kerosin ins Grundwasser gelangt und rund um den ehemaligen Feuerlösch-Übungsplatz haben sich ebenfalls schädliche Substanzen abgelagert, die bis ins Grundwasser gesickert sind“, erklärt der Abteilungsleiter. Um Abhilfe zu schaffen, müssen hier geeignete Sanierungstechniken angewendet werden, die das belastete Grundwasser reinigen sowie eine Nachlieferung des Schadstoffes aus der ungesättigten Zone, also dem Boden, verhindern. 

Die beruflichen Chancen sehen gut aus

Die Branche Bodenschutz und Altlasten gilt als wachsende Branche mit Zukunft. Der Arbeitsmarkt und damit die Jobs sind an die Konjunktur gekoppelt. „Generell gilt: Je besser die Wirtschaftslage, desto mehr Flächen werden genutzt, was zu verstärkten Altlastenuntersuchungen führt“, beobachtet der Leiter der BVB-Regionalgruppe West. „In guten Zeiten ist die Bereitschaft höher, Geld für Altlasten auszugeben.“

Zudem steige die öffentliche und politische Sensibilität für Umweltschutz weiter an. In den kommenden Jahren sehen die beruflichen Chancen für junge Fachkräfte also vielversprechend aus – auch deshalb, weil in den Behörden in Zukunft altersbedingt verstärkt Stellen frei werden, schätzt Steinweg.

Besonders im Bereich des Bodenschutzgesetzes inkl. seiner angrenzenden Rechtsgebiete wie Abfall- und Wasserrecht, das für das Handeln aller Fachkräfte in der Branche zugrunde liegt, sind Experten nach wie vor gefragt. Regelmäßige Fort- und Weiterbildungen sind für sie unerlässlich, da mit dem Stand der Technik das erforderliche Fachwissen voranschreitet und sich rechtliche Grundlagen über die Zeit ändern. Aktuell sind etwa die Novellierung der seit 1999 bestehenden Bundesbodenschutzverordnung sowie die Neueinführung einer Ersatzbaustoffverordnung geplant. 

Der Frauenanteil wird steigen

In Behörden und größeren Unternehmen gelten Jobs in der Branche als auskömmlich. „In der Privatwirtschaft ist das Gehalt abhängig von Qualifikation, Kompetenz und Marktstellung eines Unternehmens“, sagt Steinweg. Der Branchen-Kenner schätzt, dass der aktuelle Frauenanteil von grob geschätzten 20 Prozent in Zukunft steigen wird, da unter den jüngeren Fachkräften zunehmend mehr weibliche Fachkräfte auf den Markt strömen. „Der Anteil unterscheidet sich auch in den verschiedenen Bereichen der Branche. In Behörden beispielsweise arbeiten tendenziell mehr Frauen als beispielsweise in kleinen und mittelständischen Unternehmen.“ 

Der Diplom-Geograph selbst hat bereits Erfahrungen in verschiedenen Gebieten gesammelt, bevor er vor zwei Jahren den Job als Leitung der Abteilung Abfall, Bodenschutz und Altlasten im Kreis Viersen übernahm. Zuvor war er als Gutachter in einem mittelständischen Umwelt-Consulting-Büro in Detmold und als wissenschaftlicher Angestellter in der Bodenschutzbehörde der Stadt Mönchengladbach tätig.

Wichtige Grundlagen hat er sich nicht nur im Studium, sondern auch in einem viermonatigen Fortbildungskurs  am „Bildungszentrum für informationsverarbeitende Berufe“ in Paderborn (bib) angeeignet. Sein starkes Interesse an Bodenkunde hat sich während des Geographie-Studiums in Hannover und Bochum entwickelt. Während der Promotion half ein glücklicher Umstand, den künftigen beruflichen Weg festzulegen: „Als mir noch nicht ganz klar war, in welche Richtung es gehen sollte, wurde 1998 das Bundesbodenschutz-Gesetz erlassen“, blickt der 47-Jährige zurück.

„Damit hatte sich für mich ein neuer Arbeitsmarkt erschlossen, der mir viele praktische Tätigkeiten eröffnet hat.“ An seinem Beruf fasziniert Dr. Bernd Steinweg besonders die große inhaltliche Vielfalt und der Kontakt zu den vielen unterschiedlichen Menschen. „Auch interdisziplinär zu arbeiten, die einzelnen Prozesse zu verstehen und etwa Kenntnisse aus Umwelt- und Ingenieurwissenschaften, Toxikologie und Recht anzuwenden, ist für mich sehr spannend.“ Zudem spielt auch der ethische Aspekt eine Rolle: „Der Gedanke, dazu beizutragen, unsere Umwelt sauberer zu machen, ist bei den meisten Kollegen in der Branche sehr ausgeprägt. Sehr viele meiner Kolleginnen und Kollegen sind mit viel Herzblut dabei.“ 

Das gilt auch für Dr. Johannes Botschek. Als er Ende der 1970er-Jahre sein Studium der Agrarwissenschaften an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn begann, wusste er noch nicht genau, was er später damit anfangen würde. „Ursprünglich haben mich die Forstwissenschaften gereizt“, erinnert sich der 57-Jährige. Da die Aussichten damals als sehr schlecht galten, entschied er sich für Agrarwissenschaften, da die Lehrinhalte recht ähnlich waren. „Wo genau mich das hinführen würde, wusste ich anfangs nicht. Das wird auch heute vielen Studierenden erst im Verlauf des Studiums klar.“

Heute ist Dr. Johannes Botschek als Experte in den Bereichen Bodenschutz, Gewässerschutz, Landnutzungsplanung, Landschaftsökologie, Ressourcenmanagement und Bodengeographie tätig. Seit 2004 führt er sein eigenes Ingenieur- und Sachverständigenbüro in Bonn. Der selbstständige Gutachter ist seit 2005 öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Bodenschutz und Altlasten in Nordrhein-Westfalen, seit Juni 2011 auch öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Bodenkunde. „An meinem Beruf fasziniert mich besonders die Vielfalt der Aufgabengebiete. Ich habe immer mit anderen Fällen und Menschen zu tun, jeder Ortstermin ist ein kleines spannendes Abenteuer. Dafür ist es wichtig, breit aufgestellt zu sein.“ Die Riege seiner Auftraggeber reicht von Privatpersonen über Kommunen und Kreisbehörden bis hin zu Gerichten aller Instanzen.

Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt im Bereich Erdkabel für den Netzausbau, der den Stromtransport von den neuen Windkraftanlagen im Norden zu den Verbrauchern im Süden sicherstellen soll. Die unterirdisch verlaufenden Kabel betreffen überwiegend landwirtschaftliche Böden, die nach den Bauarbeiten wieder hergestellt werden. „Die schweren Baumaschinen können Bodenverdichtungen verursachen, wenn sie falsch eingesetzt werden. Das müssen wir unbedingt verhindern, weil solche Schäden bis tief in den Untergrund einwirken und kaum zu beheben sind. Nach den Baumaßnahmen werden die Böden rekultiviert, dafür entwickeln wir Konzepte und übernehmen auch die Überwachung“, erklärt der Agrarwissenschaftler.

Bei einem aktuell laufenden Projekt im Kreis Borken beispielsweise ist der Boden bereits verfüllt und mit einer Pflanzenmischung eingesät worden. Das Konzept hat Botschek mit erarbeitet, und er wird die Entwicklung des Bodens über drei Jahre als bodenkundliche Baubegleitung beobachten.

Für Gerichte ist der Sachverständige zum Beispiel für Fragen rund um Bodenerosion ein gefragter Ansprechpartner. Wenn etwa nach einem Unwetter von einer landwirtschaftlich genutzten Fläche Erde abschwemmt worden ist und Kellerräume in einer Siedlung verwüstet hat, prüft er, ob der Landwirt zur Verantwortung gezogen werden kann.

In anderen Fällen werden Bodenkontaminationen untersucht: „Bei einem aktuellen Fall im Münsterland geht es um bleihaltigen Staub, der eventuell von Sandstrahlarbeiten auf dem Nachbargelände stammt. Durch Bodenproben kann ich prüfen, ob der Boden nicht schon vorher mit Blei belastet war“, erklärt der Sachverständige. Bei privaten Auftraggebern geht es meist um Nachbarschaftsstreitigkeiten. Zum Leistungsspektrum gehört auch die Beratung eines mexikanischen Unternehmers, der ein neues Düngemittel in Deutschland einführen und vermarkten möchte. Hier ist zu prüfen, ob sein Produkt die entsprechenden Kriterien erfüllt.

Für seine Tätigkeit als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger muss sich der Bodenkundler alle fünf Jahre einer Prüfung unterziehen. Als Grundlage dienen unabhängige Gutachten. Auf dem neuesten Stand hält sich der Experte durch regelmäßige Weiterbildungen. „Diese sind in meiner Branche eine ganz wichtige Grundlage.“

Bereits an der Uni hat sich Botschek intensiv mit der Bodenkunde beschäftigt und war als Laborleiter der Abteilung Bodenphysik tätig. Als Ende der 1990er-Jahre die rechtlichen Grundlagen für den Bodenschutz geschaffen waren, wurden dringend Fachleute mit entsprechendem Sachverstand gesucht. Der promovierte und habilitierte Agrarwissenschaftler wurde schließlich auch in ein Fachgremium zur Prüfung von  Sachverständigen berufen.

Zudem ist der 57-Jährige als Privatdozent an der Universität Bonn tätig. Einmal im Jahr führt er ein Seminar zum Thema Bodendegradierung durch. Die Veranstaltung richtet sich an ausländische Studierende aus Entwicklungsländern mit dem Schwerpunkt Tropen und Subtropen. In diesen Gefilden kennt sich der Wissenschaftler gut aus, da er selbst bereits viele Projekte in den Tropen durchgeführt hat. In Sri Lanka beispielsweise, das auf eine lange Tee-Tradition zurückblickt, wurden vor einigen Jahren viele Flächen aufgegeben. „Wenn die Felder nicht gepflegt werden, kommt es zu Erosion und Nährstoffverlust des Bodens durch Auswaschung“, erklärt der Fachmann.

Um dem entgegenzuwirken, hat er vor Ort ein Konzept entwickelt, bei dem die Pflanzung von Hecken als Barriere dient, um Bodenverlust zu verringern. Die Pflanzen sollten den Boden mit Stickstoff anreichern und ihr Grünschnitt zugleich als Viehfutter dienen. Der Dung der Tiere kann wiederum als Dünger genutzt werden. „Mit einer Maßnahme lassen sich so mehrere Ziele verfolgen, wodurch ein sinnvoller Kreislauf entsteht“, sagt Botschek. 

Die praktische Anwendung ist für den erfahrenen Experten eine entscheidende Grundlage. „Das ist in der Lehre noch gar nicht richtig angekommen“, kritisiert er. Besonders an Universitäten werde hauptsächlich wissenschaftlich gearbeitet. Daher rät er angehenden Fachkräften im Bereich Bodenschutz und Altlasten dringend zu praktischen Projekten und Praktika: „Jemand, der sich sein gesamtes wissenschaftliches Leben über nur auf molekularer Ebene mit Wurzeloberflächen beschäftigt hat, ist in meinem Job nicht richtig.“

Er selbst habe als Student im Rahmen eines Gutachtens, das er für seinen Professor erarbeitet hat, gemerkt, wie spannend die praktische Anwendung der Bodenkunde sein kann. „Für meine Dissertation zum Thema Bodenerosion habe ich Versuche auf kleinen Teilflächen von Äckern durchgeführt, die ich vorher den Landwirten abschwatzen musste. Diese Erfahrungen haben mir sehr weitergeholfen.“

„Man sollte sich auch selbst in der Branche bekannt machen“

Statt sich zu früh zu spezialisieren, sollten sich Studierende, die in diese Branche streben, lieber breit aufstellen. Da sich die Bodenkunde mit Fachgebieten wie Archäologie, Geologie, Geografie und Biologie überschneidet, ist die recht junge Branche offen für verschiedene Disziplinen. „Wer aufgeschlossen ist, kann aus verschiedenen Bereichen heraus in der Branche Fuß fassen“, beobachtet Botschek. „Das Spektrum an Möglichkeiten ist groß.“ Beispielsweise arbeitet Botschek mit Geo­physikern und Botanikern zusammen, um so die  Geo-Radar­technik für Bodenuntersuchungen zu nutzen.

In einem speziellen Projekt, das von der Gastransport-Industrie gefördert wird, sollen Baumwurzeln in 150 cm Bodentiefe erkannt werden. Sie können nämlich in die Nähe von Gasleitungen wachsen, sich um die Leitungen schlingen und diese beschädigen. Mit Hilfe des Geo-Radars lassen sich gefährliche Wurzeln von ungefährlichen trennen. So wird die Entscheidung von Baumfällungen erleichtert, was wiederum dem Naturschutz zugute kommt.

Wer in den Bodenschutz strebt, sollte neben den fachlichen Qualifikationen vor allem Kommunikationsfähigkeit, eine gute Auffassungsgabe und Einfühlungsvermögen mitbringen. Auch Teamfähigkeit sei ein wichtiges Kriterium, sagt Dr. Johannes Botschek. „Der Einstieg läuft meist über Praktika. Da ist es besonders in kleinen Büros, die in unserer Branche überwiegen, entscheidend, dass man gut mit anderen zusammenarbeitet.

Das gilt nicht nur für die eigenen Kollegen, sondern auch für Experten anderer Disziplinen. „Es kommt nämlich oft vor, dass man einen Auftrag übernimmt, der teilweise über das eigene Fachgebiet hinausgeht“, sagt der Sachverständige. Nicht nur, um auf entsprechende Fachkräfte zurückgreifen zu können, ist eine gute Vernetzung wichtig. „Man sollte sich auch selbst in der Branche bekannt machen“, sagt Botschek, der in verschiedenen Fachgremien und Verbänden engagiert ist. Das Netzwerk lässt sich auf Fortbildungen und Fachtagungen aufbauen, wo man auf viele Kollegen trifft.

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