Jobmotor Wald
Von Natur bis Verwaltung: Der berufliche Weg in die Forstwirtschaft. Foto: Fotolia.de / © Jamrooferpix

Jobmotor Wald

Die mageren Jahre sind vorbei: Waldfachleute werden gesucht, und das nicht nur in Forstverwaltungen. Durch das gestiegene Interesse am Studium erhöht sich aber auch die Konkurrenz.

Text: Robert Kalimullin

Nicht mehr Holz fällen, als wieder nachwachsen kann: Diese Maxime macht die Forstwissenschaft zur Mutter des Nachhaltigkeitsgedankens – nicht ganz zufällig war es mit Hans Carl von Carlowitz auch ein Mitbegründer der Forstwirtschaftslehre, der bereits Anfang des 18. Jahrhunderts den Begriff „Nachhaltigkeit“ prägte. Nicht besonders nachhaltig schienen jedoch über längere Zeit die Berufsaussichten für Absolventinnen und Absolventen forstwissenschaftlicher Studiengänge. Gerade im öffentlichen Dienst galt es vor 15 bis 20 Jahren als äußerst schwierig, eine Stelle zu ergattern.

„Es herrscht Fachkräftenotstand, auch angesichts der Pensionierungswelle“

Die Hochschulen reagierten auf die schwierige Situation am Arbeitsmarkt mit einer zunehmenden Spezialisierung ihrer Angebote, um neue Aufgabenfelder zu erschließen – das Bild vom klassischen Förster mit Lodenmantel und Dackel hat nur noch wenig mit den vielseitigen Tätigkeiten heutiger Forstwissenschaftler zu tun. Gleichzeitig öffnen sich durch Pensionierungen in den Forstverwaltungen wieder zunehmend mehr Stellen. Die Aussichten in den Waldberufen scheinen also glänzend, was sich auch in steigenden Studierendenzahlen niederschlägt. Doch ist ein Forststudium heute wirklich gleichbedeutend mit einer Jobgarantie?

Vorteil Fachhochschule?

„Es herrscht Fachkräftenotstand, auch angesichts der Pensionierungswelle“, schildert Jens Düring die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt und schwärmt von einer Arbeitslosenquote unter fünf Prozent bei Forstakademikern. Jens Düring ist in Erfurt als Referent für Öffentlichkeitsarbeit beim Bund Deutscher Forstleute (BDF) tätig. „Gleichzeitig nimmt die Aufgabenfülle zu, die Ansprüche der Gesellschaft steigen. Naturschutz und Erholung, Waldpädagogik, Windkraft im Wald sind Beispiele für neue Geschäftsfelder, aus denen auch ein Aufgabenzuwachs resultiert.“

Gleichzeitig weiß Düring aber auch: „Es werden immer mehr Indianer gebraucht als Häuptlinge.“ Das bedeutet einerseits: „Die Lage ist allgemein gut, es hat einen kleinen Umschwung am Arbeitsmarkt gegeben. Mindestens in den kommenden zehn Jahren können Fachhochschulabsolventen damit rechnen, zu 90 Prozent als Revierleiter übernommen zu werden.“

"Am Anfang des Studiums sollte man wissen, ob man in eine Forstverwaltung möchte oder nicht."

Die klassische Laufbahn für Abgänger/innen von Fachhochschulen oder „Universities of Applied Sciences“, wie viele von ihnen nach den Bologna-Reformen heißen, ist der gehobene Dienst in den Forstverwaltungen. Die „Häuptlinge“ dagegen, die den höheren Dienst anstreben, haben klassischerweise ein Studium an einer Universität absolviert. Auch der Göttinger Professor Achim Dohrenbusch erklärt, dass die Jobaussichten gerade im gehobenen Dienst „richtig gut“ seien: „Im höheren Dienst sind sie dagegen nicht so großartig.“

„Wer die Tätigkeit als Revierleiter mag, sollte sich daher auch als Uni-Absolvent nicht scheuen, sich zu bewerben“, rät Jens Düring. Für praxisorientierter hält er dabei dennoch die Fachhochschulstudiengänge. Und ohnehin müsse, wen es einmal als Förster in den Wald ziehe, rechtzeitig die Weichen stellen: „Am Anfang des Studiums sollte man wissen, ob man in eine Forstverwaltung möchte oder nicht. Einige Fächerkombinationen haben nämlich Defizite in dieser Hinsicht und sind nicht geeignet, auf eine Laufbahn in einer Forstverwaltung vorzubereiten.“

Studentinnen und Studenten empfiehlt er, sich über Anforderungen zu informieren und ihre Module dementsprechend auszuwählen: „Beim Studium von Ressourcenmanagement, Ökosystem oder Naturschutz etwa fehlen ein paar wichtige Fächer für die Arbeit in Forstverwaltungen. Wer nach dem Studium nichts über Insekten im Wald weiß oder darüber, wie eine Inventur gemacht wird, für den gibt es kaum eine weitergehende Laufbahn im Vorbereitungsdienst oder Referendariat.“

Manchmal Umwege nötig

Was Düring beschreibt, ist die Kehrseite einer Spezialisierung, mit der Hochschulen zur Zeit der Krise auf dem Arbeitsmarkt ihre Studierende fit für den Job machen wollten. „Insbesondere unsere Masterstudiengänge sind klar orientiert an bestimmten Berufsbildern“, so Achim Dohrenbusch. „Und trotz des Bologna-Ziels, mit dem Bachelor einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss zu schaffen, will der überwiegende Teil der Studenten auch noch einen Master draufsetzen.“

Neben den Forstverwaltungen, die weiterhin die meisten Absolvent/innen beschäftigen, nennt Dohrenbusch Behörden und Organisationen im Bereich Naturschutz als wichtige Arbeitgeber, aber auch Planungsbüros, die Industrie und den Holzhandel. Im Zuge der Energiewende finden Forstwissenschaftler/innen zunehmend Beschäftigung bei großen Energieunternehmen. Einen anderen Karriereweg stellen internationale Organisationen in der Entwicklungszusammenarbeit, im Umweltschutz oder Holz-Zertifizierer dar.

Für praktisch jedes dieser Felder gibt es irgendwo in Deutschland einen eigenen Masterstudiengang. Mit Studiengängen wie Ökosystem-Analyse wird der Wald sogar zum Forschungsgegenstand für Computerspezialisten, für Programmiererinnen und Programmierer, eine Zielgruppe, die bislang eher nicht als besonders naturverbunden wahrgenommen wurde. „Der klare Blick auf den Arbeitsmarkt ist eine Besonderheit des forstlichen Studiums“, findet Dohrenbusch. Im Prinzip sollte so ein nahtloser Übergang in den Beruf möglich sein: „In der Praxis erweist sich dies allerdings dennoch als frommer Wunsch. Absolventenstudien zeigen, dass viele dennoch erst einmal ein Praktikum oder noch ein Zertifikatsstudium dranhängen.“

All dies heißt aber noch lange nicht, dass Hochschul-Absolventen außerhalb der Forstverwaltungen schlechte Berufschancen hätten, betont Jens Düring vom BDF: „Aber manchmal sind Umwege nötig.“ Absolvent/innen der Forstwissenschaften, sind sich Düring und Dohrenbusch einig, bringen heute bei Personalchefs vielfach gefragte Soft Skills mit. Dohrenbusch hebt hervor, die Studentinnen und Studenten hätten an der Universität gelernt, Probleme lösungsorientiert anzugehen und zu bewältigen. Flexibilität wird den Hochschulabgängern allerdings auch abverlangt.

Angesichts des technischen Fortschritts, der auch vor den Forstberufen nicht haltmacht, brauche es „Leute, die bereit sind, sich auf rasante Entwicklungen einzulassen“, so Dohrenbusch. Und auch an einen Ort sollte man sich nicht mit aller Macht klammern, wenn das Ziel eine studiennahe Tätigkeit ist: „Mobilität ist bei der Bewerbung absolut erforderlich“, erklärt der Göttinger Professor. „Unsere Absolventenbefragungen belegen, dass mit zunehmender Studiendauer das Bewusstsein reift, dass bei der Frage Wunschort und Beruf ein Kompromiss nötig ist. Während 41 Prozent aller Bachelorabsolventen noch nach einer Stelle am Heimatort suchten, sind es bei den Mastern weniger als ein Drittel.“

Mitbewerber/innen um die Jobs in der Forstwirschaft

Konkurrenz könnten sich Forstwissenschaftler und Forstwissenschaftlerinnen angesichts historischer Höchststände bei den Studienanfängern eines Tages selbst machen. „Es gibt zweifellos mehr Mitbewerber, Erfolg hat am Ende, wer ein gutes Studium mit einem guten Abschluss hat“, findet Achim Dohrenbusch. Dabei müssen sich die Absolvent/innen allerdings auch mit Mitbewerberinnen und Mitbewerbern aus anderen Fächern messen. Wenn der große Vorteil der Forstwissenschaftler die vielseitige Ausbildung ist, die verschiedene wissenschaftliche Disziplinen umfasst, so besteht darin nach allgemeiner Auffassung auch die Herausforderung, in keinem einzelnen Gebiet über Kenntnisse zu verfügen, die an ein Fachstudium heranreichen würden.

Sehr gute Berufsaussichten hat dabei derzeit dennoch, wer nach Abschluss der Uni offen für einen Einsatz im Ausland ist. Größter Arbeitgeber in diesem Bereich ist in Deutschland die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). „Der Bedarf an Forstwissenschaftlern bei der GIZ ist schon groß“, berichtet Peter Rabus. Rabus hat einst selbst Forstwissenschaften studiert und ist nun bei der GIZ unter anderem für die Rekrutierung von Absolventinnen und Absolventen ebenjenen Fachbereichs zuständig. Für die kommenden Jahre erwartet er einen steigenden Bedarf an Fachkräften für den Wald.

Grund sind politische Zielsetzungen, erklärt Rabus mit Verweis auf die letztjährige Klimakonferenz in Paris sowie die von den Vereinten Nationen beschlossenen Ziele nachhaltiger Entwicklung (Sustainable Development Goals): „Ein Schwerpunkt hierbei ist der Walderhalt und die Verhinderung von Desertifikation. Da wird es auch in Zukunft immer wieder Projekte geben, die von der Bundesregierung und anderen Akteuren finanziert werden.“

Beste Chancen mit Französisch

Regionale Schwerpunkte von aktuellen Waldprojekten der GIZ sind Asien, Afrika und Südamerika. Peter Rabus nennt einige Beispiele: „So machen wir in der Mongolei eine Waldinventur, sind im Regenwald in Kamerun aktiv und unterstützen in Honduras die kommunale Waldwirtschaft“. Erhöht werden die Einstiegschancen insbesondere durch Sprachkenntnisse, so Rabus: „Ein großes Problem haben wir gerade damit, frankophone Förster zu finden. Französisch als Fremdsprache war ja bis Ende der 80er Jahre hip und hat dann verstärkt Konkurrenz durch Spanisch, Portugiesisch oder auch Russisch bekommen. Daher rührt dieser Bottleneck-Effekt: Es ist für uns seit Jahren extrem schwierig, französischsprachige Förster zu finden, um sie insbesondere nach Westafrika und Zentralafrika zu entsenden.“

Neben Französisch sind bei der GIZ im Bereich Waldwirtschaft aber auch die Fremdsprachen Spanisch und Portugiesisch gefragt. Erfahrungen im künftigen Einsatzland können bei der Bewerbung hilfreich sein, sind aber nicht in allen Fällen zwingend. Durchaus sinnvoll können auch Aufbaustudiengänge sein, findet Rabus und gibt zwei Empfehlungen: „Das SLE-Studium am Seminar für Ländliche Entwicklung der Berliner Humboldt-Universität kommt immer gut an, Absolventen haben gute Chancen und sind für uns hervorragend geeignet. Hilfreich ist auch die Qualifizierung im Internationalen Projektmanagement, die von der Gesellschaft für Nachhaltige Entwicklung in Witzenhausen angeboten wird, weil man dort viel mitbekommt über die internationale Projektarbeit.“  Nützlich seien zudem Qualifikationen in den Bereichen REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation) und Klima. 

Der Einstieg in eine Karriere bei der GIZ ist über Praktika bereits während dem Studium möglich. Eine andere Möglichkeit, so Peter Rabus, sei es, seine Masterarbeit bei der GIZ zu schreiben, wenn diese thematisch zu einem Projekt passt. „Ich selbst habe Forstwissenschaft studiert und wollte nicht im Staatsdienst arbeiten. Da waren meine Perspektiven in Deutschland eingeschränkt“, erinnert sich Rabus an den Anfang seiner Karriere. „Das Studium der Forstwissenschaft ist zwar vielseitig, allerdings ist ein Jurist oder BWLer einem im Zweifelsfall immer überlegen, wenn juristische oder wirtschaftliche Kenntnisse gefragt sind.“

Beim Deutschen Entwicklungsdienst, einer inzwischen in der GIZ aufgegangenen Organisation, begann Rabus mit einer zweijährigen Entsendung als Junior-Entwicklungshelfer. Es folgten weitere Einsätze, insgesamt verbrachte Rabus acht Jahre in Afrika. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland bewarb er sich 2011 dann bei der GIZ: „Das Schöne an der GIZ ist, dass man sich horizontal weiterentwickeln kann. Ich befasse mich jetzt mit der Rekrutierung von Personal und habe hauptsächlich mit Arbeits- und Vertragsrecht zu tun; mit meinem Studium verbunden bin ich noch dadurch, dass ich für die GIZ Förster rekrutiere.“

Herausforderung Reintegration

Ein Auslandsaufenthalt in jungen Jahren reizt viele, wie aber steht es um die Wiedereinstiegschancen nach der Rückkehr nach Deutschland? „Sie sind flexibel im Kopf und vielseitig einsetzbar“, fasst Jens Düring die Stärken aus dem Ausland zurückgekehrter Forstwissenschaftlerinnen und Forstwissenschaftler zusammen. „Im Ausland sind die Bedingungen härter als zuhause im gemachten Nest“, findet der Göttinger Professor Dohrenbusch. „Wer dort gut war und sich bewährt hat, ist auch für deutsche Arbeitgeber attraktiv.“

Und auch Peter Rabus weiß von einigen aus dem Ausland zurückgekehrten Forstwissenschaftlern zu berichten, denen ihre Erfahrung zu Jobs in Deutschland verholfen hat. „Wichtig dabei ist, offen zu sein und nicht unbedingt bei der Förstertätigkeit bleiben zu wollen“, schränkt er allerdings ein. „Wenn man im Ausland damit Erfahrungen gesammelt hat, ist bei der GIZ eine Anschlusstätigkeit in vielen unterschiedlichen, auch fachfremden Bereichen, wie zum Beispiel in den Bereichen Personal oder Training gut möglich. Ehemalige Mitarbeiter der GIZ sind auch für die private Consultingwirtschaft attraktiv.“ Die GIZ selbst bietet für ehemalige Entsandte Rückkehrertage an, um sie bei der Wiedereingliederung in den deutschen Arbeitsmarkt zu unterstützen. 

Ganz verkehrt sind Auslandserfahrungen im Übrigen auch nicht für junge Menschen, die eine Karriere in einer Forstverwaltung anstreben, findet Jens Düring vom BDF: „Für einen Revierleiter ist das vielleicht nicht zwingend von Vorteil. Andererseits unterhalten die Landesforstverwaltungen heute vielseitige Beziehungen ins Ausland. Es gibt in der heutigen Zeit viele Prozesse, die nicht von Deutschland ausgehen, alleine die ganzen EU-Vorschriften. Da kann eine im Ausland verbrachte Zeit durchaus von Vorteil sein.“

Promotion bewusst anstreben

Einen ganz anderen Weg schlägt ein, wer auch nach dem Masterabschluss erstmal an der Uni bleibt, um zu promovieren. Die Entscheidung für die Doktorarbeit sollte in jedem Fall bewusst gefällt werden und in Zusammenhang mit einem beruflichen Ziel stehen, rät Achim Dohrenbusch, zumal die Zulassung inzwischen an gute Abschlussnoten gebunden sei. Keine gute Empfehlung sei es, die Dissertation als Parksituation zu nutzen und damit die Jobsuche zu verschieben.

Voraussetzung ist die Promotion dagegen für eine wissenschaftliche Laufbahn, und auch in der Industrie, so Dohrenbusch, könne der Doktortitel bei der Bewerbung von Vorteil sein. Die Möglichkeiten für studierte Forstwissenschaftlerinnen und Forstwissenschaftler sind zahlreich, doch am Ende kommt es vor allem auf eines an, findet der Göttinger Professor: „Der Job muss zur Persönlichkeit passen.“ Der eingangs bereits erwähnte Nachhaltigkeitsbegriff werde heutzutage furchtbar inflationär gebraucht, so Dohrenbusch, das ärgere ihn ein bisschen. Und so versteht jeder auch etwas anderes darunter: „Dem großen Energiekonzern geht es einfach darum, möglichst viel Biomasse in kurzer Zeit zu produzieren, und er ist mit diesem Verständnis von Nachhaltigkeit gar nicht mal so weit weg von Carlowitz, der ursprünglich das Wirtschaften auf die Zukunft hin meinte.“

Wer Forstwissenschaften aus eher idealistischen Gründen studiert habe, solle sich – wenn möglich – auf solche Stellen gar nicht bewerben, findet Dohrenbusch, sondern vielleicht lieber eine Stelle im Umweltschutz anstreben: „Sonst wird man am Ende nicht glücklich, wenn man als nette und freundliche Person unmoralische Entscheidungen vertreten muss.“

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