„Die neuen Väter sind eher zarte Pflänzchen“
Unterwegs durch die Natur: Yves Douma mit seinem Sohn / Foto/Copyright: Y. Douma

„Die neuen Väter sind eher zarte Pflänzchen“

Yves Douma hat seinen Job als Geschäftsführer geschmissen, um sich um seinen Sohn zu kümmern. Ein Gespräch über die moderne Väter, zweifelhafte Mittelstandsideale und veraltete Ernährerrollen.

Vor einigen Wochen haben wir darüber berichtet, welche Probleme Frauen haben, die nach der Familienphase wieder zurück in den Beruf wollen. Ein Punkt: Häufig würden die Ehemänner nicht mithelfen, weil sie in der Karrierephase sind. 

Das wollte unser Leser Yves Douma nicht auf sich sitzen lassen. Der 42-jährige Gesundheitswissenschaftler hat vor acht Jahren seinen Job als Geschäftsführer geschmissen und sich mehrere Jahre um seinen Sohn gekümmert. In dieser Zeit hat er viel erlebt. Benjamin O’Daniel sprach mit ihm über die „neuen Väter“ in unserem Land.

Was hat Sie an unserem Artikel gestört?

Yves Douma: Ich finde mich in dieser Beschreibung nicht wieder. Es gibt immer noch die Ansicht, dass  nur Mütter nahe  an den Kindern sind und die Männer nur malochen gehen wollen und sollen. In vielen Familien ist das sicher auch so. Aber es gibt eben auch immer mehr Familien, bei denen die Väter sehr wohl mithelfen. Die Männer werden dann häufig genauso diskriminiert.

Sie haben einen Sohn, der heute acht Jahre alt ist. Wie war die berufliche Situation bei seiner Geburt?

Douma: Ich war damals Geschäftsführer eines Ärztenetzes in einer Projektphase, wo die Finanzierung noch nicht sicher stand. Die Mutter meines Sohnes, meine damalige Partnerin, hat unter anderem wegen der unsicheren Aussichten in meinem Job ihren Job behalten. Ich habe richtig gut verdient – und war oft zwei Wochen am Stück nicht Hause. Die Mutter meines Sohnes sagte mir irgendwann, dass sie es nicht mehr alleine schaffe, sich um unseren Sohn, den Haushalt und ihren Job zu kümmern, was ich sehr gut verstehen konnte.

Als ich meinen Arbeitgeber gefragt habe, ob ich meine Arbeitszeit reduzieren kann, wurde ich ausgelacht. „Yves, du musst mehr arbeiten, nicht weniger“, sagten sie mir. Ich habe dann gekündigt. Fünf Jahre habe ich mich um meinen Sohn und den Haushalt gekümmert und parallel freiberuflich gearbeitet.

In dieser Zeit habe ich sehr viele spannende Projekte betreut und umgesetzt und hatte gleichzeitig die private Flexibilität. Aber ich habe auch deutlich weniger verdient. Mittlerweile suche ich wieder eine feste Stelle.

Was denken Sie: Gibt es viele „neue Väter“ oder ist das immer noch eine Randerscheinung?

Douma: Dazu eine Anekdote: Als mein Sohn zwei Jahre alt war, saß ich auf einem Spielplatz im Herzen von Berlin-Kreuzberg. Es war ein ganz normaler Vormittag in der Woche. Ich hatte so ein komisches Gefühl, irgendetwas stimmte an der ganzen Szene nicht. Dann fiel mir auf, dass auf dem Spielplatz fast nur Väter waren! Sie saßen zusammen, quatschten und spielten mit ihren Kindern. 

Man kann sicher nicht von einem Berliner Hipster-Bezirk auf ganz Deutschland schließen. Trotzdem gibt es überall Väter, die sich um ihre Kinder kümmern.

Wie ticken die „neuen Väter“?

Douma: Ich habe den Eindruck, dass sie unsicher sind mit ihrer Rolle. Keiner stellt sich breitbeinig hin und sagt: Ich kümmere mich um die Kinder! Die neuen Väter sind eher zarte Pflänzchen.

Im Bezug auf die Familie sind sie sehr nah an ihren Kindern. Sie kümmern sich liebevoll um ihre Söhne und Töchter. Das ist kein „Business“ für sie.

Als Drittes fällt mir auf, dass die neuen Väter oft kreative und begabte Personen sind. Sie sind gut ausgebildet und haben ein hohes Verantwortungsgefühl – und sind gleichzeitig völlig unterfinanziert.  

Sie sind der Meinung, dass auch die Väter diskriminiert werden. Wie meinen Sie das?

Douma: Vieles findet ja subtil statt. Man weiß nicht genau, ob eine Diskriminierung stattfindet oder ob das eher an der eigenen Unsicherheit liegt. Aber was ich häufig sehe, ist dass die Männer unter Druck gesetzt werden. 

Viele Frauen erwarten von ihren Männern zwar, dass sie möglichst viel Zeit zu Hause verbringen sollen und private Aufgaben übernehmen sollen. Aber gleichzeitig sollen eben auch viel Geld, ein dickes Auto, ein eigenes Haus und teure Urlaube finanzieren finanzieren können. Es sind irrsinnige Ansprüche, die eigentlich kein Mann erfüllen kann.

Ich sehe auch, dass viele moderne Väter früher oder später wieder zurückfallen in die klassische Ernährerrolle. Da schlägt dann die soziale Konditionierung voll durch.

Sie sind ja nicht zurückgefallen in ihr altes Muster. Wie hat sich Ihre Einstellung im Laufe der Jahre geändert?

Douma: Ich persönlich habe mich von vielen Mittelstands-Idealen verabschiedet und inzwischen eine neue Partnerin die schon größere Kinder hat. Ich hätte lieber eine Bahncard-100 als ein dickes Auto. Urlaub in Deutschland, Österreich oder der Schweiz ist genau so schön wie in Südamerika. Meine Konsummuster haben sich verschoben. Ich merke aber auch, dass ich damit anecke.

Aber vielleicht bin ich auch nur ein komischer Kauz. Ich bin Gesundheitswissenschaftler und Sozialpädagoge, Yogalehrer, spiele Querflötist, interessiere mich kaum für Fußball, und bin sehr kinderlieb – insofern bin ich eigentlich eine Frau ;-)  

Danke für das offene Gespräch!  


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