Dokumentieren, aufklären und sensibilisieren
An die Verbrechen der Nazis erinnern viele Gedenkstätten – darunter auch das ehemalige KZ Auschwitz-Birkenau. © gekaskr / Fotolia.de

Dokumentieren, aufklären und sensibilisieren

Die Arbeit in Gedenkstätten ist anspruchsvoll und herausfordernd. Für engagierte Geisteswissenschaftler/innen eine besondere Aufgabe mit beruflichen Perspektiven. Der Weg dorthin will gut geplant sein.

Von Daniela Lukaßen

Erst kürzlich, als man dem Ende des Zweiten Weltkriegs vor 70 Jahren gedachte, rückten auch sie einmal mehr in den Fokus der Öffentlichkeit: die Gedenkstätten, die an die Verbrechen der Nazis erinnern, die aufklären, dokumentieren und sensibilisieren. Insbesondere in einer Zeit, in der die Zahl der noch lebenden Zeitzeuginnen und Zeitzeugen stetig abnimmt, wird die Arbeit der Gedenkstätten immer wichtiger.

Und die Nachfrage nach gut ausgebildeten Geisteswissenschaftlerinnen und Historikern, Politologinnen und Soziologen und Pädagoginnen bleibt selbst in Zeiten knapper kommunaler Kassen erstaunlich konstant. In einigen Bundesländern wurden die Gelder für die Gedenkstätten in den vergangenen Jahren sogar aufgestockt. In Niedersachsen wurde Mitte 2014 beispielsweise, jährlich eine Million Euro mehr, insgesamt 3,6 Millionen Euro, für die Gedenkstättenarbeit zur Verfügung zu stellen.

Zu verdanken ist dies sicherlich auch den stark steigenden Besucherzahlen in den vergangenen Jahren. So hat eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar 2015 ergeben, dass es in den vergangenen Jahren stetig mehr Besucher/innen in den deutschen KZ-Gedenkstätten gegeben hat.

In der KZ-Gedenkstätte Dachau in der Nähe von München etwa stieg die Zahl 2014 auf mehr als 800.000. Damit hatte die Einrichtung 100.000 mehr Besucher/innen als in den Vorjahren. Doch nicht nur das gesteigerte Interesse und die damit verbundenen vermehrten Exkursionen stellen die Gedenkstätten und die dort Arbeitenden oftmals vor neue Herausforderungen.

Auch aufgrund einer deutlich internationaler ausgerichteten Gedenkstättenarbeit sind neben fachlichem Know-how und ausgeprägten didaktischen Fähigkeiten oft auch interkulturelle Kompetenzen gefragt. Das gilt insbesondere für die Beschäftigten von Einrichtungen, wie beispielsweise der KZ-Gedenkstätte Dachau.

„Viele Besucher kommen mit ganz bestimmten Bildern“

„In den vergangenen Jahren sind die Anforderungen an die Gedenkstätten, internationaler zu arbeiten, gestiegen“, erläutert Waltraud Burger, Leiterin der Bildungsabteilung der KZ-Gedenkstätte Dachau. „Das bezieht sich auch auf kleinere Einrichtungen.“ Und gerade für diese stelle die Internationalität häufig eine große Herausforderung dar, wie Dr. Thomas Lutz von der Stiftung Topographie des Terrors betont. Ziel der Stiftung ist es, Informationen und historische Kenntnisse über den Nationalsozialismus zu vermitteln. Darüber hinaus betreut sie das Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit in Berlin.

Hervorgegangen ist die Stiftung aus einem Projekt zur 750-Jahr-Feier Berlins. „Die Arbeit auch in den Gedenkstätten, sowohl in den größeren als auch in den kleineren, wird internationaler“, erklärt Lutz. Aus diesem Grund sei es für die Bewerberinnen und Bewerber besonders hilfreich, mehrere Sprachen sprechen zu können. „Die Besucherschaft in den Gedenkstätten stammt aus vielen unterschiedlichen Ländern“, sagt Lutz. „Reisen ist preiswerter geworden, und zahlreiche Menschen, auch Angehörige von Opfern, nutzen darum die Chance, in die Gedenkstätten zu kommen und sich dort umzusehen und zu informieren.“ Auch die internationale Zeitzeugenbefragung spiele in der Arbeit der Gedenkstätten heute eine deutlich größere Rolle als noch vor einigen Jahren. Und der Austausch mit Nachfahren nehme zu.

Darüber hinaus habe man die internationale Zusammenarbeit auf der professionellen Ebene verstärkt, erklärt er. „Natürlich war die Geschichte des Nationalsozialismus immer eine internationale Geschichte. Doch insbesondere kleinere Einrichtungen hatten das Problem, dass internationale Bezüge in der regionalen Politik eine eher untergeordnete Rolle spielten.“ Das sei heute grundlegend anders. Internationale Kontakte seien heute ein wichtiger Aspekt in der Gedenkstättenarbeit.

So finden bundesweit regelmäßige Tagungen und Workshops für Gedenkstättenmitarbeiter/innen statt. Einmal im Jahr lädt die KZ-Gedenkstätte Dachau zu einem internationalen Workshop für Archiv- und Datenbankmitarbeitende ein. Das Forum „Zukunft der Erinnerung“ in der KZ-Gedenkstätte Neugamme wendete sich Anfang Mai dieses Jahres an Kinder, Enkel und Urenkel ehemaliger KZ-Häftlinge. Sie kamen aus unterschiedlichsten Ländern wie der Ukraine, Polen, Frankreich, den Niederlanden, Ungarn, Dänemark, Deutschland, Israel und den USA.

Neben sprachlichen Kompetenzen bedeute diese internationalere Ausrichtung der Gedenkstätten darum auch etwas anderes. „Ein wichtiger Punkt ist in diesem Kontext die Zielgruppenorientierung“, erklärt Thomas Lutz. „Diese wird in erster Linie durch die Einstellung sehr gut ausgebildeter Pädagogen erreicht, die sich auf die Bedürfnisse und Interessen unterschiedlichster Besucher einstellen können.“

Denn diese würden sich häufig stark voneinander unterscheiden. Angehörige ehemaliger KZ-Häftlinge kämen in der Regel mit deutlich anderen Erwartungen als ausländische Journalistinnen und Journalisten, die über einen Gedenkort berichten möchten oder Promovierende, die ihre Dissertation über eine deutsche Gedenkstätte verfassen möchten.

Das hebt auch Waltraud Burger von der KZ-Gedenkstätte Dachau hervor. „Viele Besucher kommen mit ganz bestimmten Bildern“, sagt sie. „Die Besucherforschung gewinnt aus diesem Grund immer mehr an Bedeutung.“ Das sei ein entscheidender Punkt, um richtig und angemessen auf die jeweiligen Besuchergruppen und ihre individuellen Bedürfnisse reagieren zu können.

Mithilfe von Beobachtungen, Besucherfragebögen und anderen empirischen Instrumenten zur Sozialforschung werden dabei zahlreiche Besucherdaten erhoben, ausgewertet und daraus Konzepte entwickelt. Für die Mitarbeitenden in den Gedenkstätten bedeute das: Kenntnisse im Fachgebiet der Empirie sind häufig genauso wichtig wie interkulturelle Kompetenzen und Sprachfähigkeiten.

Didaktische Fähigkeiten gefragt 

Abgesehen von der internationalen Ausrichtung seien für Bewerber/innen jedoch auch andere Voraussetzungen für die Gedenkstättenarbeit erforderlich, wie Burger betont. „Grundsätzlich spielen natürlich gute Kenntnisse in der spezifischen Geschichte, auch in der Historie des jeweiligen Ortes, an dem ein Mensch arbeiten möchte, eine wichtige und entscheidende Rolle“, erklärt die Leiterin der Bildungsabteilung.

Darüber hinaus müsse ein Bewerber über gute didaktische Fähigkeiten verfügen. Eine Qualifikation, die sich potenzielle Gedenkstätten-Beschäftigte in der Regel selbst aneignen müssten. „Die Besonderheit ist, dass die Gedenkstättenarbeit in keinem Studiengang oder Ausbildungsbereich geregelt ist.“, sagt Burger. Zwar gebe es an vielen Universitäten inzwischen einen Studienschwerpunkt, der sich auf die Ausbildung von Museumsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern beziehe, einen spezialisierten Studiengang im Bereich der Gedenkstättenarbeit suche man häufig jedoch vergebens. „Teilweise sind einzelne Aspekte dieses Schwerpunktes in den Studiengängen zu den „Jewish Studies“ zu finden. Wer sich aber ganz gezielt qualifizieren möchte, bildet sich selbst weiter“, empfiehlt Burger. Dazu gebe es eine ganze Reihe von Möglichkeiten.

  • Gedenkstätten-JobsDer Artikel ist im arbeitsmarkt Bildung, Kultur, Sozialwesen erschienen. Jede Woche stellen wir rund 500 aktuelle Stellen speziell für Geistes- und Sozialwissenschaftler/innen zusammen. Die Stellen recherchieren wir in Tageszeitungen, Magazinen und ausgewählten Onlineportalen.

Bildungspolitische Seminare, didaktische Fortbildungsmöglichkeiten und Arbeitskreise zum Thema sind etwa in Weiterbildungsprogrammen ganz unterschiedlicher Anbieter zu finden. So bietet das Weiterbildungsangebot „Verunsichernde Orte“, das von den beiden Institutionen Fritz Bauer Institut und Max Mannheimer Studienzentrum  / Internationales Jugendgästehaus Dachau getragen wird, Seminare und Veranstaltungen zum Thema an. Auf dem Tagungsprogramm stehen etwa Schwerpunkte wie die pädagogische Praxis an Erinnerungsorten. Darüber hinaus werden Weiterbildungen zur Zielgruppenorientierung und zum „Umgang mit Vermittlungsmedien“ angeboten.

Auch die Stiftung Topographie des Terrors bietet regelmäßig Weiterbildungen, etwa unter dem Titel „Humor und Satire als Mittel der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus sowie dem aktuellen Rechtsextremismus“ an. Darüber hinaus finden Interessierte immer wieder auch Weiterbildungsangebote bei den Landeszentralen für politische Bildung.

Gedenkstätten-Allrounder gesucht

Neben jenen Qualifikationen, die die Bewerber durch Veranstaltungen dieser Art erlangen können, sei auch die praktische Erfahrung ein wichtiges Pfund, mit dem junge Akademiker/innen punkten können, wie Waltraud Burger betont: „Insbesondere die großen Gedenkstätten schauen darauf, dass ein Bewerber schon mehrere Häuser kennengelernt hat.“

Praktika und Volontariate würden in diesem Kontext gute Möglichkeiten bieten. „Teilweise haben die jungen Menschen also einen mühseligen Weg vor sich“, räumt die Leiterin Bildungsabteilung ein und fügt hinzu: „Wer in einer Gedenkstätte arbeiten möchte, muss ein Allrounder sein. Das bedeutet, man muss sich in ganz unterschiedlichen Bereichen behaupten können. Denn gerade in den kleineren Gedenkstätten reichen die Aufgabengebiete häufig von der Homepage-Pflege über die Pressearbeit und die Veranstaltungsorganisation bis hin zur Begleitung von Besuchergruppen und zur historischen Forschung. Spezielle Fachstellen gibt es dort nicht.“

Ein Punkt, der vielen jungen Bewerber/innen nicht bewusst ist. Und genau aus diesem Grund ist es wichtig, sich schon im Vorfeld intensiv mit den Anforderungen und Stellenprofilen auseinanderzusetzen. Denn nicht selten komme ansonsten schon nach einiger Zeit das „Praxisloch“, wie Waltraud Burger zu bedenken gibt. Darum sei auch eine fortwährende Weiterbildung der Beschäftigten von Gedenkstätten wichtig. „Man sollte als Mitarbeiter in diesem Bereich immer über den eigenen Tellerrand schauen“, erklärt sie. „Dazu gehört auch die Bereitschaft, sich zu vernetzen.“

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Eine pauschale Aussage über Berufschancen und -perspektiven kann sie nicht treffen: „Die Stellen sind in einigen Bundesländern sehr rar gesät. Wir in Bayern haben den Vorteil, dass die meisten Stellen in den großen Gedenkstätten und Dokumentationszentren unbefristet sind.“ Auch die Gehälter würden sich häufig stark unterscheiden. „Durch die Umstellung der Gehälter auf den TVöD, also den Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes, fangen junge Menschen häufig mit einem sehr niedrigen Verdienst an“, erklärt sie. So würden die pädagogischen Mitarbeiter/innen in vielen Gedenkstätten in die Entgeltgruppe 9 eingruppiert.

In Zahlen heißt das: Jobanfänger/innen ohne Berufserfahrung verdienen cirka 2580 Euro brutto. Auch die Berufsaussichten seien sehr verschieden. Während es in großen Gedenkstätten mehrere unbefristete Vollzeitstellen gebe, würden gerade kleinere Einrichtungen aufgrund ihres sehr begrenzten Budgets in erster Linie befristete Projektstellen eingerichtet. Daneben gebe es immer auch Honorarkräfte. „Unter diesen befinden sich immer auch Menschen, die über die Honorartätigkeit den Berufseinstieg suchen. Oftmals dauert das jedoch viele Jahre lang“, sagt Waltraud Burger, die selbst zehn Jahre lang immer in befristeten Stellen für Gedenkstätten tätig war, ehe sie eine feste und unbefristete Stelle fand. Und trotz des steinigen und oft nervenaufreibenden Weges sei die Honorartätigkeit oder die Beschäftigung als Projektmitarbeiter/in für viele junge Akademiker/innen die Chance, irgendwann eine feste Stelle zu erhalten.

Zwischen Betroffenheit und neuen Methoden

Rund 90 Gedenkstätten, die an die Verbrechen der Nazis erinnern, gibt es in Deutschland. Unterschieden wird dabei in der Regel zwischen Opfer-Orten, wie zum Beispiel ehemaligen Konzentrationslagern sowie Täter-Orten, so beispielsweise dem ehemaligen Sitz der Gestapo in Köln, der heute das NS-Dokumentationszentrum der Stadt ist. Auch dort bewerben sich regelmäßig junge Akademikerinnen und Akademiker auf unterschiedliche Stellen in den Bereichen der Forschung, der Museumspädagogik und der Dokumentation.

Eine Chance haben jedoch nur jene, die die richtigen Qualifikationen mitbringen. „Die Voraussetzungen für eine Beschäftigung im NS-Dokumentationszentrum Köln hängen stark vom konkreten Einsatzgebiet ab“, erklärt Dr. Jürgen Müller von der Gedenkstätte. „Im Bereich der Forschung sollte man über ein abgeschlossenes Hochschulstudium verfügen und auch promoviert haben. In der Dokumentation und Bibliothek haben wir verschiedene Ausbildungs- und Studienabschlüsse: wissenschaftliche Dokumentarin, Diplom-Dokumentar und Fachangestellte für Information und Dokumentation sowie die Diplom-Bibliothekarin. Für den Bereich der Museumspädagogik gibt es noch kein festes Berufsbild.“

Es werde allerdings darüber diskutiert, wie ein solches Berufsbild aussehen könnte. Müller erklärt: „Häufig arbeiten Quereinsteiger in der Museumspädagogik, die Erfahrungen in der Jugend- oder Erwachsenenbildung haben oder im Bereich der Schule, zum Beispiel durch ein Studium der Geschichte auf Lehramt. Es gibt aber auch Historikerinnen und Historiker, die Bildungsaufgaben übernommen und sich in die Museumspädagogik eingearbeitet haben.“

Unabhängig davon, ob die Mitarbeiter/innen in einer Gedenkstätte oder in einem Museum arbeiten, fordere der Kölner Museumsdienst die Absolvierung eines fachspezifischen Studiums sowie eine entsprechende Weiterbildung. Ein wichtiger Faktor sei zudem, dass die Bewerberinnen und Bewerber auch über ganz aktuelle Kenntnisse und Kompetenzen verfügen würden. Der richtige Umgang im Zusammenspiel von Gedenkstätten und Pädagogik sei dabei ganz entscheidend. „Es hat in den letzten Jahren viele Diskussionen um die Art der Gedenkstättenpädagogik gegeben“, sagt Müller und erklärt: „Vor allem wurden die ‚Betroffenheitspädagogik‘ und der ritualisierte Umgang mit dem ‚Gedenken‘ kritisiert. Mit Folgen für die pädagogische Praxis.“

Diese würden sich beispielsweise in unterschiedlichen Maßnahmen und Neuerungen, wie etwa in der Öffnung der Arbeit im Hinblick auf die Methoden der Vermittlung zeigen. Jürgen Müller erklärt: „Für das NS-Dokumentationszentrum kann man weiterhin sagen, dass es auch eine Öffnung hinsichtlich der Ausrichtung auf Altersgruppen gab. So wurden spezielle Angebote für die Arbeit mit Kindern im Alter zwischen acht und zehn Jahren entwickelt.“ Das NS-Dokumentationszentrum leistet damit – neben wenigen anderen – Pionierarbeit, wenn es um die Arbeit mit dieser Zielgruppe geht.

Gedenkstättenpädagogik für Kinder

Ein Aspekt, der seit Kurzem auch in den Fokus anderer Gedenkstätten und -orte gelangt. Wenn auch auf durchaus unterschiedliche Weise und oft nicht so klar strukturiert, wie es in Köln der Fall ist. Schon seit mehreren Jahren gerät beispielsweise das Holocaust-Mahnmal in Berlin immer wieder in die Schlagzeilen. „Hüpfen von Stele zu Stele“ titelte etwa der Spiegel im Jahr 2005, und der Tagesspiegel griff das Thema unter der Überschrift „Das Stelenfeld als Spielplatz“ auf. Und die Frage, die alle Zeitungen trotz unterschiedlicher Headlines stellten, war: Darf das sein? Dürfen Kinder und Jugendlich dort, wo der Opfer der Nationalsozialisten gedacht wird, gesprungen, gelacht und gespielt werden?

Ein Aspekt, der auch losgelöst von der Diskussion rund um das Berliner Denkmal eine wichtige Rolle in der Gedenkstättenarbeit spielt. Was das Holocaust-Denkmal betrifft, so gab der US-Architekt Peter Eisenman, der das Mahnmal entwarf, in seinem Interview für die Berliner Morgenpost, erschienen am 5. Mai 2010, eine deutliche Antwort: Ja, und antwortete auf die Frage, ob es in Ordnung sei, dass dort Kinder spielten: „Warum sollen sie das denn nicht machen?“   

Mit ähnlichen Fragen müssen sich auch die Beschäftigten anderer Gedenkorte auseinandersetzen und sich fragen, wie viel Betroffenheit in einem solchen Umfeld erforderlich ist und wie das Thema auch kindgerecht aufgearbeitet werden kann. Mitarbeitende von Gedenkstätten haben also die Aufgabe, entsprechende Konzepte für die Gedenkstättenarbeit mit Kindern und Jugendlichen zu entwickeln, für die die Ereignisse aus der Zeit des Nationalsozialismus kaum einen Bezug zu ihrer eigenen Wirklichkeit haben.

Denn während viele Generationen vor ihnen oftmals die Möglichkeit hatten, Eltern, Großeltern oder Urgroßeltern zu fragen und auf diese Weise „Oral History“ zu erleben, sieht das für die Kinder und Jugendlichen von heute in der Regel anders aus. Dazu kommt die Debatte, ab wann Kinder überhaupt mit diesem Thema in Berührung kommen sollten. All dies sind Aspekte, die die Mitarbeitenden vor neue Herausforderungen stellen und die auch die Arbeit in den Gedenkstätten maßgeblich mitbestimmen und prägen. Neben historischen Kenntnissen ist also bei allen Beschäftigten auch pädagogisches und didaktisches Know-how gefragt. Denn erst mit diesen Fähigkeiten gelingt es in der Regel, die Geschichte und ihre Ernsthaftigkeit überhaupt zu vermitteln.

Das betont auch Dr. Thomas Lutz von der Stiftung Topographie des Terrors: „Auf der einen Seite ist es natürlich wichtig, dass die Beschäftigten über solide zeithistorische Kenntnisse verfügen. Allerdings sollten sie auch in der Lage sein, die Dinge richtig einzuschätzen.“ So gehe es beispielsweise darum, relevante Themen zu identifizieren und sie entsprechend der jeweiligen Zielgruppe aufarbeiten zu können. „Hierfür ist es natürlich bedeutsam, dass ein Mitarbeiter zum Beispiel fachliche, aber angepasste Texte schreiben und Vorträge halten kann.“

In der Regel beschäftigt die Stiftung zur Konzipierung und Entwicklung von Ausstellungen Akademiker/innen, die einen museologischen Hintergrund haben. „Wir achten dabei sehr auf die Berufserfahrungen der Bewerber“, sagt Thomas Lutz. „Bei den Bewerbungen fallen diese Vorerfahrungen immer deutlich ins Gewicht.“ Erfahrungen, die die Bewerber/innen auch im Rahmen von Praktika sammeln können. „Aus diesem Grund bieten auch wir regelmäßig Praktikantenstellen für Studierende an, wenn sie dies für ihren Abschluss benötigen.“

Doch wer ein Praktikum in einer Gedenkstätte machen möchte, braucht häufig einen langen Atem. Ein Punkt, der in Bezug auf die Gedenkstättenarbeit eine  wichtige Voraussetzung zu sein scheint. Denn obwohl Jobs in der Branche nach wie vor zu finden sind, steigen auch die Ansprüche an die Bewerberinnen. Und auf wenige Stellen bewerben sich häufig zahlreiche Interessent/innen. Eine gute Möglichkeit, um sich positiv von anderen Interessentinnen und Interessenten abzusetzen, bietet das Absolvieren passender Weiterbildungsangebote.

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