Ehrenamt: Bessere Chancen in der Bewerbung?
Arbeiten am Lebenslauf: Manchmal ist das Ehrenamt eine Hilfe, um in das Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. © contrastwerkstatt - Fotolia.com

Ehrenamt: Bessere Chancen in der Bewerbung?

Prof. Dr. Klaus Melchers forscht über Personalauswahl und Einstellungsgespräche. Jasmin Welker sprach mit ihm über die berufliche Relevanz von ehrenamtlichen Tätigkeiten.

arbeitsmarkt: Was bringt mir ein grünes Ehrenamt, wenn ich mich auf eine Stelle im Umweltschutz bewerbe?

Prof. Dr. Klaus Melchers: Ein Ehrenamt ist wichtig vor allem für Leute, die frisch von der Uni kommen. Wenn man sich als Absolvent bewirbt, sind von der bisherigen Ausbildung alle erstmal relativ vergleichbar. Das ist auch die Schuld des Bologna-Prozesses. Ein Ehrenamt hilft dann zur Profilierung und Differenzierung. Für Arbeitgeber, die im grünen Bereich tätig sind, ist ein grünes Ehrenamt natürlich nochmal relevanter. Ein einschlägiges Ehrenamt erhöht schlicht die Chance, zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden.

Wie wirke ich mit einem grünen Ehrenamt im Lebenslauf auf Arbeitgeber?

Das sagt über Sie als Person aus, dass Sie bestimmte Werte im grünen Bereich vertreten. Bei einer Organisation, einem Unternehmen oder einem Verband in diesem Bereich, in dem diese Werte wichtig sind, passen Sie dann als Bewerber einfach besser. 

Wie genau sollte ich mein Ehrenamt in der Bewerbung darstellen?

Klaus-MelchersEs sollte nicht überlesen werden können. Die meisten Bewerbungsunterlagen werden von Personalern leider oft nur wenige Minuten angeschaut. Daher sollte schon mehr als nur ein kurzes Schlagwort in der Bewerbung stehen. Man sollte etwas dazu sagen, was man Praktisches im Ehrenamt gemacht hat, so dass es konkreter und vorstellbarer wird.

Soll ich es besser im Lebenslauf oder im Anschreiben nennen?

Im Lebenslauf sollte es auf jeden Fall stehen. Ob man es im Anschreiben nennen soll, hängt davon ab, wo man sich bewirbt. Wenn es etwas ist, bei dem das Ehrenamt extrem nah daran liegt, dann sollte man das im Anschreiben auch ansprechen. Durch das Ehrenamt kann man so im Anschreiben leicht den roten Faden in seinem Lebenslauf aufzeigen. 

Würden Sie empfehlen, dass man auch eine Referenzperson für das Ehrenamt nennt?

Bei einer Bewerbung in Deutschland erscheint es mir eher „toomuch“, da hierzulande Referenzen nicht so verbreitet sind. Wenn ich mich aber beispielsweise in der Schweiz bewerbe, würde ich es mir überlegen. Dort ist es durchaus üblich, dass man Referenzpersonen angibt.

Bei welchem Arbeitgeber macht es besonders Sinn, in der Bewerbung ein grünes Ehrenamt anzugeben?

Bei NGOs ist es wichtig, weil die Personen dort sehen, dass sich jemand engagiert hat und Werte vertritt, für die er oder sie sich auch freiwillig und unbezahlt eingesetzt hat.

Ich verbringe viel Zeit mit einem Ehrenamt: Sollte ich mich damit in der Bewerbung schmücken?

Wie viel Zeit Sie künftig in ein Ehrenamt investieren wollen, ist eine Frage, die Unternehmen dann im Vorstellungsgespräch stellen können. Aber grundsätzlich wird es von Unternehmen eher positiv bewertet, wenn jemand ehrenamtlich auch eine Führungsrolle übernommen hat. Solche Erfahrungen sind für Unternehmen sehr wichtig.

  • arbeitsmarkt-umweltschutzDer Artikel ist im Informationsdienst arbeitsmarkt Umweltschutz, Naturwissenschaften erschienen. Jede Woche werden mehrere hundert qualifzierte und aktuelle Stellenangebote aus dem Umweltbereich recherchiert und nach Tätigkeitsgebieten sortiert. Herausgeber ist der Wissenschaftsladen Bonn. 

Macht für grüne Fachkräfte ein grünes Ehrenamt mehr Sinn als ein soziales?

Ja. Wenn Sie sich beispielsweise bei einer Naturschutzbehörde bewerben, dann ist ein grünes Ehrenamt natürlich einschlägiger als eins im Sportverein. Aber grundsätzlich macht ein Ehrenamt mehr Sinn als gar kein Ehrenamt.

Wenn ich also kein Ehrenamt habe und kurz vor Ende des Studiums stehe, sollte ich mir dann noch schnell eins zulegen?

Da stellt sich die Frage, ob die Zeit noch reicht. Arbeitgeber fragen potenziell im Bewerbungsgespräch: Wie lange waren Sie bei der Ehrenamts-Organisation, und was haben Sie dort gemacht? Wenn man da sagt, man ist erst vor zwei Monaten eingetreten, überzeugt das eher nicht. Besser ist, wenn ich sagen kann, ich habe in den letzten zwei Jahren dort viel Verschiedenes gemacht. Ganz allgemein würde ich mit einem Personalblick sagen: Lieber ein bis zwei Semester länger studieren. Dann kann man ohne Stress Erfahrungen links oder rechts vom vorgegebenen Weg sammeln.

Zur Person:

Prof. Dr. Klaus Melchers (siehe Portrait-Foto) ist Leiter der Abteilung für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Ulm. Seine Forschungsschwerpunkte liegen vor allem im Bereich Personalauswahl und umfassen unter anderem Assessment Center, Einstellungsgespräche, Bewerberreaktionen und unterschiedliche Aspekte von Selbstdarstellung in Auswahlsituationen. 

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